Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

digen Personals und die Verweisung aller geeigneten Trans- 
porte auf den Wasserweg unterstützt. 
Ernährungsmaßnahmen 
Im Ernährungswesen richtete die Kriegsamtstelle ihr 
Augenmerk auf die Arbeiterversorgung, die allgemeinen 
Ernährungsfragen und die Landwirtschaft. An den Sitzun- 
gen der Kommission beim Ministerium des Innern, Landes- 
lebencmittelamt in Dresden, welche Zulagen von Fleisch 
und Fett an die einzelnen Gruppen der Rüstungsindustrie 
bewilligte, nahmen Angehörige der Kriegoamtstelle regel- 
mäßig teil, wodurch das Handinhandarbeiten der Militär= 
und Zivilbehörden in diesen Fragen wesentlich gefördert 
wurde. Zur Ermöglichung einer einigermaßen günstigen 
Arbeiterversorgung erstreckte sich die Tätigkeit der Kriegs- 
amtstelle weiterhin auf folgende Gebiete: 
1. Versorgung der Rüstungsarbeiter mit Lebensmittel- 
zulagen. Hierzu sei bemerkt, daß durch Revision 
der Betriebe die Arbeitsleistung ständig festgestellt 
wurde, 
2. Vermittlung von Sonderzuweisungen an die Arbeiter 
solcher Betriebe, in denen Ernährungsschwierigkeiten 
bestanden, 
3. Einrichtung und Förderung von Betriebsküchen 
durch Vermittlung von Lebenesmittellieferungen 
seitens der zuständigen Kommunalverbände und 
der Kgl. Feldzeugmeisterei, 
4. Prüfung und Regelung von Beschwerden sowohl der 
Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer, 
5. Vermittelndes Eingreifen bei Arbeitsniederlegungen, 
die wegen Ernährungsschwierigkeiten erfolgt waren, 
6. Aufklärung der Arbeiter in Ernährungsfragen. 
Zur Hebung der allgemeinen Ernährungslage wurden den 
Zivilbehörden entsprechende Anregungen gegeben. Bedeu- 
tende Förderung erfuhr die Einrichtung von Massenspei- 
sungen. Beim Versagen der Zioilbehörden fühlte sich die 
Kriegoamtstelle zum Eingreifen veranlaßt. Auch aus den 
Kreisen der Bevölkerung wurden Beschwerden entgegen- 
genommen und nach Möglichkeit abgestellt. Um eine gleich- 
mäßige, gerechte Verteilung von Lebenomitteln zu ermög- 
lichen, befaßte sich die Kriegsamtstelle auch mit der Ver- 
folgung des Schleichhandelo. Zur richtigen Beurteilung der 
Ernährungslage wurden für das Generalkommando monat- 
liche Stimmungsberichte abgefaßt, die eine umfassende 
Schilderung der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse 
innerhalb des Korpobezirko enthielten. Ferner lag der Kriegs- 
amtsielle die Durchführung der planmäßigen Sammlung 
von Abfallstoffen und Wildfrüchten ob. Zu diesem Zwecke 
wurden von ihr im Korpsbereiche Ortsausschüsse gegründet, 
deren Tätigkeit gefördert und überwacht wurde. Wenn 
sich auch die Kriegtamtstelle im allgemeinen direkter Ein- 
grifse in die Ernährungslage enthielt, so hat sie doch mittel- 
bar die Landwirtschaft nach Kräften gefördert, indem sie 
mit den landwirtschaftlichen Vertretungen und Behörden 
ständige Verbindung hielt. Zu diesem Zwecke nahm ein 
Vertreter der Kriegsamtstelle regelmäßig an den Sitzungen 
des ständigen Ausschusses des Landeskulturrates teil. Ebenso 
wurde mit dem Kriegsernährungsamt, dem Ministerium 
des Innern und dem Kriegswirtschaftsamt ununterbrochen 
Fühlung gehalten. Ausnahmsweise griff die Kriegsamt- 
stelle auch aktiv in Angelegenheiten der Landwirtschaft ein, 
z. B. beim Frühdrusch 1917/18, bei der Beitreibung von 
Hartfutter und der Feststellung von Brotgetreide im Som- 
mer 1918. 
Vorbereitung für die Demobilmachung 
Eine wichtige Aufgabe stand der Kriegsamtstelle für das 
Ende des Krieges bevor, nämlich die Uberleitung von Men- 
schen und Material in die Friedenswirtschaft. Wenn auch 
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die bereits ausgearbeiteten Mäne durch die Nevolution 
nicht zur Ausführung kommen konnten, so erscheint ihre 
Darstellung doch von Interesse. Es war beabsichtigt, die 
unter den Fahnen stehenden, dem Wirtschaftsleben ent- 
zogenen Arbeitskräfte nach Kriegsende auf schnellstem 
Wege, jedoch möglichst reibungslos, ihren früheren Be- 
rufen wieder zuzuführen. Deshalb hatten bei den Betrieben 
des Korpsbezirks Umfragen stattgefunden, durch welche ein 
möglichst klares Bild darüber geschaffen werden sollte, 
inwieweit der damalige Stamm an männlichen und weib- 
lichen Arbeitskräften vergrößert oder verringert würde und 
wie unter Umständen eine Umstellung der vorhandenen 
Arbeitskräfte vorgenommen werden könnte. Die Betriebe 
waren aufgefordert worden, sich über folgende Punkte zu 
äußern: 
1. Welche früher bei ihnen tätig gewesenen, zurzeit im 
Heeresdienste stehenden Arbeitskräfte nach Kriegs- 
ende in ihre alten Arbeitsstätten zurückkehren 
würden, 
2. Wieviel männliche und weibliche Arbeitskräfte außer 
dem früheren Personal benötigt würden, 
3. Falls zurzeit eine genauere Anforderung von Arbeits- 
kräften nicht möglich war, unter welchen Voraus- 
setzungen (Beschaffung von Rohmaterialien, Auf- 
hebung von Beschlagnahmeverfügungen und Bau- 
verboten) weitere und wieviel Arbeitskräfte im Falle 
der Demobilmachung eingestellt werden könnten, 
4. Wieviel Arbeitskräfte von ihnen nach Kriegsende 
entlassen würden (durch Einstellung der Kriegs- 
und Rüstungsindustrie oder durch Wiederannahme 
früherer, zurzeit unter den Waffen stehender Arbeits- 
kräfte). 
Bei Wiedereinführung der Heeresangehörigen in ihre 
Zivilberufe sollte auch darauf geachtet werden, daß die 
dadurch freiwerdenden Hilfskräfte (Kriegsbeschädigte, 
Frauen, Jugendliche) nicht brotlos würden, sondern mög- 
lichst in anderen Erwerbszweigen Unterkommen fänden. Auch 
für die erst später aus feindlicher Gefangenschaft zurück- 
kehrenden Krieger sollte durch Bereithaltung von Arbeits- 
gelegenheit gesorgt werden. Ferner war beabsichtigt, bei 
Herannahen des Kriegsendes diejenigen Heeresangehörigen 
durch die Truppenteile zur Ausfüllung von Arbeitsanmelde- 
karten aufzufordern, welche dann noch keine gesicherte 
Arbeitsgelegenheit nachweisen könnten. Diese Karten ent- 
hielten Angaben über Beruf und Ort des Arbeitsuchenden 
und hätten eine gute Unterlage zum Ausgleich von Arbeits- 
angebot und -nachfrage geboten. 
Die Entlassung der Heeresangehörigen sollte in der Weise 
vor sich gehen, daß diejenigen, welche einen sofortigen 
gesicherten Erwerb nachweisen konnten, baldigst entlassen 
wurden, während den übrigen Gelegenheit gegeben wurde, 
sich erst ein Unterkommen zu sichern. Ferner war geplant, 
dringend benötigte Facharbeitergruppen bevorzugt zu ent- 
lassen. 
C. Die Kriegsamtstelle Leipzig in ihrer Eigenart 
Der Vollständigkeit halber ist es notwendig, noch 
kurz zu erwähnen, was die Kriegsamtstelle Leipzig an 
Eigenart besitzt, wodurch sie sich von mancher anderen 
dieser Behörden unterscheidet. Es ist bereits hervor- 
gehoben worden, daß sich die Leipziger Kriegsamtstelle schon 
zur Zeit, als sie dem Generalkommando noch nicht direkt 
untergeordnet, sondern nur angeschlossen war, aufs engste 
mit ihm verbunden gefühlt hat. Keine Maßnahme von 
irgendwelcher Bedeutung wurde ohne Vortrag an den 
Kommandierenden General bzw. dessen Vertreter getroffen. 
Da infolgedessen jede Verfügung im Sinne des General- 
kommandos erlassen worden war, konnte auch nach dem
	        
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