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Diesem zusammenfassenden Berichte lassen wir Einzel-
ausführungen verschiedener sächsihcher Feldgeisilicher folgen.
Mein letztes Wort aber sei ein Treugruß an alle Trup-
penteile, an die Kommandeure, die Offiziere, die Unter-
offiziere und alle Mannschaften der Feldgemeinde, in erster
Reihe an die Herren Divisionskommandeure, die den Dienst
des Feldamtes in hervorragendem Maße gefördert haben.
Die biblische Mahnung begleite uns durchs Leben: Hüte
dich nur und wahre deine Seele wohl, daß du nicht ver-
gessest alles, was deine Augen gesehen haben, und du sollst
deinen Kindern und Kindeskindern kundtun die Stunde
— und die Wochen und Monate und Jahre — da du vor
dem Herrn, deinem Gott standest. Gott segne Deutschland!
Wie Sachsenfriedhöfe in Feindesland
entstanden sind
Von Militäroberpfarrer O. K. R. Neumeister, Div.-Pfarrer der 23.J.-D
Bei Beginn des Stellungskriegs der 23. Dioision an der
Aisne wurden die gefallenen Kameraden dort begraben,
wo sie fielen. Ein Zurückbringen war oft unmöglich. All-
mählich entstanden im
schloß. Durch Aufschüttungen und Terrassierungen wurde
Abwechslung in das Einerlei gebracht und Gräbergruppen
gebildet. Hier wurden die Gräber beetförmig unter einer
Efeudecke vereinigt; die Steine und Kreuze ragten aus dem
Efeu heraus; die nächste Gruppe bestand aus einer von
ernsten Lebensbäumen und Sträuchern umhegten Abtei-
lung; von dort trat man ein paar Stufen tiefer in eine
entzückende Rosenanlage, auf allen Gräbern Rosen, Hecken-
rosen, Rankrosen Monatsrosen; zwei einander gegenüber-
liegende Abteilungen Gräber waren je um einen mächtigen
Steinblock gruppiert, auf dem Schwert und Palme lagen;
alle Grabsteine waren in diesen Abteilungen einheitlich be-
handelt, während sonst Steine und Kreuze in mannig-
fachen Formen wechselten. Diese wurden zumeist in künst-
lerischer Form in der Friedhofswerkstatt (Tischlerei und
Bildhauerei) des Ortskommandos hergestellt, soweit sie nicht
von den Truppenteilen geliefert wurden. Am Ende des
Hauptgangs entstand eine Aufschüttung, die ein vom Ar-
mierungosoldaten Nummrich entworfenes eigenartiges wuch-
tiges Heldenmal tragen sollte, ein oben offenes Rund von
Pfeilern aus Rohquadern, die durch Bogen verbunden wa-
ren; in ihrer Mitte
Wald an der Rheimser
Straße und am Dorf-
rand von La-ville= aux-
bois Waldfriedhöfe der
Kaisergrenadiere und
der Schützen, unter
rauschenden Bäumen
malerisch gelegen, die
Gräber von Kame-
radenhand hergerichtet
und sinnig, wenn auch
nicht immer nach künst-
lerischen Grundsätzen
geschmückt. In der
Abenddämmerung, wo
der Feind erfahrungs-
gemäß etwas Ruhe
hielt, wurden die tags-
über gefallenen Kame-
raden in ihren Zelt-
planen in die Erde ge-
bettet. Es war den Gre-
nadieren und Schützen
ein vertrauter Gedanke, ihre Toten unmittelbar hinter
der Kampflinie begraben zu können, nahe der Stelle,
wo sie gefallen waren. ODie Leibgrenadiere konnten das
nicht, da die „Cholerastellung“ frei vor der feindlichen
Sicht lag. Sie brachten bald ihre Toten nach Guigni-
court und begruben sie in einem Garten hinter dem soge-
nannten Café gegenüber der Kirche im Schutz von Bäu-
men und Sträuchern. Es war ein lauschiger, stimmungs-
voller Patz. Aber der Friedhof erwies sich zu klein und
war nicht erweiterungsfähig. Da entschloß sich das Negi-
ment, am Dorfrand auf einem Acker einen neuen Fried-
hof anzulegen. Er wuchs und wuchs, ein riesiges Totenfeld,
auf dem auch die 177er, die 12 er und 438er Artillerie,
die 12 er Moniere und die 23er Minenwerfer mit beerdig-
ten. Die Gefahr mußte vermieden werden, daß ein kahles
Leichenfeld entstand. Da schuf der Ortskommandant, Leut-
nant Schultze, der leider im September 1916 an der Somme
fiel, mit Hilfe eines Gartenarchitekten, des Einjährigen
Kretzschmar, und beraten von dem Armierungssoldaten
Rummrich, einem Dresdener Architekten, der als Sachver-
ständiger für Friedhofsbauten beim Generalkommando XII
sich befand, einen grosßzzügig angelegten, reizvoll gestalteten
und sinnig bepflanzten Friedhof, den er mit einer Mauer
nach der Straße, mit einer Hecke nach dem Feld hin ab-
Friedhof von Amifontaine
sollten ein paar Blau-
kiefern ihre #dunklen
Kronen nölben.
Der Friedhof war
fast fertig, als die
Leibgrenadiere in die
Sommeschlacht rückten.
Wie mag er durch die
Kämpfe im Frühjahr
1917 und 1918 mitge-
nommen worden sein?
Wie mag er jetzt aus-
schauen?
Die Kaisergrena=
diere hatten bei Ami-
fontaine einen stim-
mungsvollen Soldaten-
friedhof. Dicht am West-
ausgang des Ortes lag
eine Wiese am Rand
eines Quellbachs der
Miette. Am Bach um-
hegten sie hohe Pap-
peln, im Hintergrund erhob sich dichtes Buschwerk, rechto
stieg ein reich bewachsener Hang an. Am Ausgang nach der
Straße standen mächtige Fichten als dunkle Torwächter. Dort
hatte das Feldlazarett 2 des XII. Armeekorps seit September
1914 seine Verstorbenen beerdigt. Mehrere Monate hindurch
wurden auf der Wiese auch die Ortsgotteodienste gehalten,
solange die Kirche vom Feldlazarett belegt war. Nach dessen
Weggang zog die Sanitätskompagnie 30 in Amifontaine
ein; sie begrub die auf dem Hauptverbandoplatz Verstor-
benen auf jener Wiese; später erwählte sich das Kaiser-
grenadierregiment den Friedhof als Begräbnisstätte für seine
Gefallenen. Im Frühjahr lols zeigte es sich, daß der sonst
so weihevoll anmutende Begräbnieplatz insofern ungeeignet
war, als er einen hohen Grundwasserstand hatte, ja einige
Wochen ganz unter Wasser lag. Da nahm Leutnant Schmidt
von der Sanitätskompagnie 30 eine gründliche Umwand-
lung vor; er ließ die Sohle des Friedhofs durch Erdauf-
schüttung einen Meter erhöhen, legte an dem Hang ge-
mauerte Terrassen an und schloß den Friedhof in der Rich-
tung nach der Straße durch eine geschmackvolle Schranke
aus Birkenstämmen ab. Später wurde rechts vom Friedhof
eine Leichenhalle in Form einer Kapelle mit Türmchen er-
richtet, die mit ihren dunkelgebeizten Holzwänden sich gut
in die Umgebung einfügte. Ein Unteroffizier der Sanitäts-