Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

Die Feldpost im Weltkriege 
Im Anfang viel gelästert und geschmäht — wie 1870 — 
hat die Feldpost im Laufe des Weltkriegs um so mehr 
Anerkennung gefunden. Sie ist das unentbehrlichste Binde- 
glied zwischen Heer und Heimat und hat unendlich viel 
dazu beigetragen, die Stimmung bei der Truppe froh und 
frisch zu erhalten. 
Der dencwürdige 1. August 1914 rief auch die Feld- 
post zu den Fahnen. Die Feldpost ist eine Einrichtung, 
für die es keine Friedenöformation gibt. Sie wird viel- 
mehr für jeden Feldzug neu gebildet. Wie überall in un- 
serm Heer war auch für diesen Zweck im Frieden möglichst 
viel vorbereitet. Die gesamte Ausrüstung für die einzelnen 
Feldpostanstalten lag bereits im Frieden fertig auf den 
Kammern, die Wagen waren vorhanden und wurden wie 
alle andern Geräte von Zeit zu Ziit auf ihren Hebrauchs- 
fähigen Zustand geprüft. Das Personal war im voraus 
auogesucht und bestimmt, wegen der Beschaffung der Pferde 
waren die nötigen Verabredungen getroffen. 
Daß trotzdem im Kriege sich mancherlei Mängel her- 
ausgestellt haben, und daß manches sich als veraltet und 
verbesserungobedürftig erwiesen hat, soll nicht verschwiegen 
werden. Man darf sich darüber auch nicht wundern, denn 
die Feldpost ist kein Betrieb, der sich in fortlaufender Ent- 
wicklung befindet und deohalb stets dem augenblicklichen 
Verkehrobedürfnis angepaßt sein könnte. Sie wird im 
Gegenteil von Fall zu Fall neu aufgestellt; für ihre Ein- 
richtungen können daher im wesentlichen immer nur die 
Erfahrungen der Vergangenheit maßgebend sein. Daß 
diese um so weniger den Verhältnissen und Erfordernissen 
der Gegenwart gerecht zu werden vermögen, je weiter die 
letzte Probe in der Vergangenheit zurückliegt, ist selbst- 
verständlich. Die Vorkehrungen für die Ausrüstung der 
Feldpost für diesen Feldzug waren in der Hauptsache nach 
den Erfahrungen des Krieges von 1870/71 getroffen. 
Seitdem hatte sich keine Gelegenheit geboten, praktisch 
  
  
zu prüfen, ob die Einrichtungen der Feldpost und die 
Dienstvorschriften den Verhältmssen der Jetztzeit noch ent- 
sprachen. Nun ist aber seit 1870 der Poltverkehr im all- 
gemeinen um ein Vielfaches seines damaligen Umfangs 
gewachsen, und es zeigte sich denn auch im jetzigen Kriege, 
daß die Feldposteinrichtungen auf diese gewaltige Stei- 
gerung des Verkehrs nicht in allen Stücken zugeschnitten 
waren. 
Die Feldpost ist dazu bestimmt, den Posiverkehr zwi- 
schen Heimat und Truppe zu vermitteln. Ihr Ge- 
schäftsumfang ist beschränkt, denn sie befaßt sich nicht 
mit allen Sendungen, die die Post im Frieden zu ver- 
mitteln hat. So kennt die Feldpost keinen Paketverkehr, 
keine Nachnahmen und Postaufträge, keinen Zeitungsver- 
kehr im Fried denosinne, keine Drucksachen, keine Eilbestel- 
lung, keine Briefe mit Zustellungourkunde und keine Ein- 
schreibsendungen für den Privatverkehr. Vielmehr hat sie, 
sowelt der Privatverkehr in Frage kommt, nur mit reiner 
Briefpost, Postanweisungen und Geldbriefen Befassung, 
mit Zeitungen nur, soweit sie in das Gewand von Briefen 
gekleidet sind. Da# Meistgewicht der Briefsendungen, dao 
ursprünglich 250 g (1870/71 mur 60 9) betrug, ist im 
Laufe des Krieges auf 300 g erhöht worden. Die soge- 
nannten Päckchen, die sich im Nahmen dieser Gewichts- 
grenze halten müssen, stellen also nur eine Abart der 
Briefsendungen dar. Zu den Postanweisungen sind nach- 
träglich die ihnen ihrer Natur nach gleichstehenden Zahl—- 
karten getreten. 
Man muß unterscheiden zwischen der eigentlichen Feld- 
post, d. s. die Feldpostanstalten des Feldheeres und des 
Etappengebiets, und den Diensistellen, die in der Heimat 
zur Bearbeitung der Post für das Feldheer und vom 
Heere eingerichtet werden. Von letzteren bekommt das 
Publikum nicht allzuviel zu sehen, und doch sind sie über- 
aus wichtig, denn ohne ihr Vorhandensein wäre der Feld- 
  
Ein Teil des von der Ober-Postdirektion Dresden aufgestellten Feldposipersonals vor dem Ausmarsch
	        
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