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Feldpostexpeditionen. der Divisionen erheblich stärker war
als beim Korpopostamt. Will man Friedenoverhältnisse
zum Vergleich heranziehen, so kann man sagen, daß die
Briefauflieferung bei einer Division etwa derjenigen einer
Stadt wie Bautzen, Freiberg oder Zittau gleichkommt.
Im Posibetriebe bezeichnet man die Bearbeitung der
abgehenden Post mit dem Worte „Abfertigung“. Diese
Arbeit wird im Felde nach anderen Gundsätzen und Be-
stimmungen ausgeführt wie in der Heimat. Im Frie-
densbetriebe sind die Bahnposten ein wesentliches Glied
des ganzen Abfertigungsdienstes, der darin besteht, aus
der großen Masse der Briefsendungen erstens die nach den-
selben Orten gehörenden Briefe herauszusuchen und zu-
sammenzubinden und zweitens die übrigen Sendungen so
zu verteilen, wie sie nach Kursen, d. h. nach Eisenbahn-
strecken, zusammengehören. Ortsbunde und Kurobunde
werden dann auf andere geeignete Umarbeitungssiellen oder
Bahnposten weitergesandt. Die Ortsbunde werden bis zum
Bestimmunggort nicht wieder geöffnet, die Kursbunde da-
gegen müssen bei den Durchgangsstellen oder in den Bahn-
posten wieder geöffnet und umgearbeitet werden, um auch
aus ihnen, je näher sie ihrem Ziele kommen, nach und
nach die Ortsbunde herauszuholen. Dieses Verfahren ließ
sich bei den Sendungen von der Feldpost leider nicht durch-
führen. Da der Zugverkehr durch den Krieg stark herab-
gesetzt war, hatte auch die Zahl der Bahnposten bedeutend
abgenommen, und die übriggebliebenen mußten auch die
Arbeit der ausgefallenen mit übernehmen. Unsere Bahn-
posten sind schon im Frieden Stätten aufs höchste ge-
steigerter Tätigkeit; eine weitere Belastung mit Sendungen
aus dem Felde, die noch daza vielfach nicht genügend vor-
gearbeitet waren, konnte ihnen jetzt nicht mehr auferlegt
werden. Es wurde deohalb für die Abfertigung bei den
Feldpostanstalten ein neues Verfahren eingeführt, durch
das die Bearbeitung der Kursbunde von den Bahnposten
vollständig ferngehalten wurde, die nur noch die Ortsbunde
ungeöffnet im Durchgang weiterzugeben hatten. Von den
Feldpostanstalten war nach diesem Verfahren so abzuferti-
gen, daß sie möglichst viel Ortsbunde heraussuchten und
abbanden, die bis zur Ankunft an ihrem Bestimmungsort
keiner Umarbeitung mehr bedurften, und daß sie die übri-
gen Sendungen nicht mehr nach Kursbunden, sondern
nach Provinzen usw. verteilten und diene Provinzbunde be-
stimmten Verteilungs= und Sortierstellen in der Heimat
zuführten. Diese Maßnahme wurde notwendig, weil der
Postverwaltung, die schon damals etwa 90 Ooo Mann von
ihrem Personal zur Fahne abgegeben hatte, nicht mehr ge-
nügend Fachbeamte zur Verfügung standen, die die Brief-
sendungen ordnungomäßig nach Kursen hätten verteilen
können. So wurde denn für die Verteilungs= und Sortier=
stellen eine Art der Verteilung eingeführt, die auch die
gänzlich ungeübten Aughelferkräfte besorgen konnten.
Für die Feldpostanstalten bei unseren sächsischen Truppen
hatte diese Anderung keine größeren Nachteile im Ge-
folge; die Verhältnisse lagen hier jedenfalls weit günstiger
als bei den meisten andern Korps und Divisionen. Die
sächsischen Truppen hatten ein bestimmt begrenztes Heimat-
gebiet, nämlich alle dan Königreich Sachsen. Die Zahl
der bei ihnen nach außersächsischen Landesteilen aufge-
lieferten Sendungen war nicht sehr bedeutend. Die Feld-
postbeamten stammten durchweg aus Sachsen, wußten also
mit den Leitverhältnissen ihrer engeren Heimat gut Be-
scheid. Gerade dadurch, daß die große Masse der Brief-
sendungen nur nach einem begrenzten Teile der deutschen
Heimat gerichtet war, konnten aus ihr möglichst viel Orts-
bunde herausgesucht und der Rest der für Sachsen be-
stimmten Sendungen gleich ohne Umweg der sächsischen
Sortierstelle in Leipzig oder den den Beamten genau be-
kannten anderen Dienststellen zugeführt werden, die für
einen kleineren Umkreis den Durchgangsverkehr vermitteln.
Der Vorteil liegt auf der Hand. Die Ortsbunde für Sach-
sen gelangten ohne Umarbeitung unterwege in Schnell=
zügen an den Bestimmungoort, die Bunde mit den andern
Sendungen für kleinere Orte bedurften nur einer Um-
arbeitung in Sachsen selbst. Alle andern Provinzbunde
aber, z. B. Westfalen oder Schlesien, waren auf eine
Verteilungsstelle in der Nähe der Grenze zu leiten, bei-
spielsweise auf Trier. Dort wurden sie auch nicht nach
dem sonstigen Friedensverfahren weiterbearbeitet, sondern
nach anderer Vorschrift, und wieder auf die jeweiligen Pro-
vinz-Sortierstellen weitergegeben, so daß sie mehrere Tage
länger unterwegs waren, bis sie an ihren Bestimmungs-
ort gelangten, als die Sendungen nach Sachsen.
Durch das eben geschilderte Verfahren erklärt es sich
auch, weshalb aus dem Felde Briefe nach großen Städten
viel schneller gelangten als nach kleinen Orten. Nach
großen Orten lassen sich eben immer Ortsbunde fertigen,
nach kleinen Orten, für die nur vereinzelt Sendungen
vorkommen, aber nicht.
Bei jeder unserer sächsischen Feldpostanstalten konnten
etwa 120—150 Ortebunde regelmäßig gefertigt werden.
Erwähnung verdient auch die Tatsache, daß die Briefauf-
lieferung bei der Feldposterpedition der 23. J.-D. bedeu-
tend stärker war als bei der 32. J.-D. Diec findet seine
Erklärung darin, daß der Ersatz für die Regimenter der
23. J.-D. zum überwiegenden Teil aus der Großstadt und
ihrer Umgebung stammte, der der 32. J.-D. aber mehr aus
der Lausitz, aus einer Gegend also, deren Bevölkerung
sich im Frieden nicht soviel mit dem Schriftverkehr befaßt
wie die der Großstadt. Im übrigen waren gerade unsere säch-
sischen Truppen bei der Feldpost dafür bekannt, daß ihr
Briefverkehr bei weitem stärker war als der von den mei-
sien preußischen oder bayrischen Korps und Divisionen,
ein deutlicher Beweis für den stark ausgeprägten Familien=
sinn im Sachsenlande.
Einen nicht geringen Teil der abgehenden und ein-
gehenden Post machte die sogenannte Heereopost aus, das
sind die Briefsendungen, die beim Heer aufgeliefert und
an einen Empfänger beim Heere gerichtet waren. Schon im
ersten Winter belief sich ihre Zahl ungefähr auf den zehnten
Teil aller abzufertigenden Briefe, und diese Zahl hat sich
im Laufe der Jahre immer mehr gesteigert, je mehr Män-
ner zu den Fahnen einberufen wurden. Diese Briessen-
dungen wurden — abgesehen von der allerersten Zeit —
nicht erst heimischen Dienststellen überwiesen, sondern bei
besonderen Heereöbriefstellen an geeigneten Orten im
Etappengebiet nach besonders erprobten Vorschriften ver-
teilt und mit den überall zwischen den einzelnen Armeen
eingerichteten Querverbindungen den Empfangsstellen zu-
geführt.
Im Geldverkehr der Feldpostanstalten greift ebenfalls
ein etwas anderes Verfahren Platz wie im Frieden. Die
Postanstalten in der Heimat bezlehen ihre Barzuschüsse
von größeren Postämtern oder von der Ober-Postkasse und
liefern an diese Stellen auch ihre Uberschüsse ab. Im Felde
findet eine Abrechnung über Barverkehr zwischen Feld-
postdienststellen nur insoweit statt, als die Feldpoststationen
im Etappengebiet mit der Kassenverwaltung des Armee-
Posidirebtors abrechnen. Das hängt damit zusammen, daß
die Feldpoststationen keine eigene Kassenverwaltung haben.
Die Feldpostämter und Feldposterpeditionen aber erhalten
ihre Zuschüsse von der Feldkriegskasse des Armerekorps,
zu dem sie gehören, und liefern ebendahin ihre Uberschüsse
ab. In der ersten Zeit des Krieges handelte es sich dabei
um große Mengen baren Geldes. Namentlich die kleinen
Darlehnskassenscheine zu 1 und 2 Mark sammelten sich
in großen Massen an. Dieses Geld befand sich nun in
einem fortwährenden Kreislauf. Die Feldkriegskassen über-