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in Verbindung mit ihrer Kommandobehörde stehen, damit
sie immer rechtzeitig von jeder Truppenverschiebung und
Anderung unterrichtet werden. Diese Mitteilungen müssen
sie sofort an den Armee-Postdirektor weitergeben, der da-
nach die Berichtigung der Feldpostübersicht und die etwa
nötig werdende Benachrichtigung der Sammelstellen und
Leitpunkte sowie die Umleitung der Post veranlaßt. Jeder
Truppenteil hat überdies die Verpflichtung, bei Anderung
seiner Zugehörigkeit sowohl der alten wie der neuen Feld-
post unverzüglich Mitteilung zu machen, sofern nicht aus-
drücklich Geheimhaltung angeordnet wird.
Weiter sind noch einige Leistungen zu nennen, die leicht
nicht genügend gewürdigt werden. Das ist die Sorge für
Personal und Pferde, Verpflegung und Unterkunft, Aus-
rüstung und Bekleidung, Geschire und Gerät. Die Feld-
postanstalten gehören zu den Truppenkörpern, die für ihre
Verpflegung in Feindesland selbst zu sorgen haben. Das
verursacht aber eine ganze Menge Arbeit, die nur der Ein-
geweihte zu würdigen versteht. Vielfach befindet sich das
Proviantamt nicht am gleichen Ort wie die Feldpostanstalt.
Dann ist der Empfang der Verpflegung mit größerem
JZeitverlust verbunden. Natürlich muß der Beamte, dem
die Verpflegung übertragen ist, beim Empfang zugegen
sein, wenn er gut für seine Schutzbefohlenen sorgen soll.
Gerade diese hauswirtschaftlichen Obliegenheiten, wenn ich
so sagen darf, erfordern viel Zeit, Gewissenhaftigkeit, Für-
sorge und Sachkenntnis. Da muß nicht nur für Essen
und Trinken gesorgt werden, für rechtzeitigen Empfang
von Fleisch und Brot, sondern auch für die Beschaffung
des Pferdefutters, das Heranfahren von Streu, von Holz
und Kohlen usw. Will man das Personal leistungsfähig
erhalten, so muß man sich auch darum kümmern, daß
seine Unterkunft so annehmbar wie möglich gestaltet wird.
Immerwährende Uberwachung erfordert auch die Pferde-
pflege und der Ausbau der Stallungen. Sparsame Wirt-
schaft macht es nötig, darauf zu achten, daß die Aus-
rüstungs= und Bekleidungsstücke mit der nötigen Scho-
nung behandelt werden. Mängel und Schäden sind sofort
zu beseitigen, damit die Feldpost jederzeit marschfähig ist.
Das alles sind Dinge, mit denen die Feldpostbeamten im
Frieden keine Befassung gehabt, denen sie sich jedoch über-
all, wo ich es zu beobachten Gelegenheit gehabt habe, mit
großem Eifer und Geschick unterzogen haben.
Die Feldpost beim 12. Armeekorps
Der Vormarsch
Die Mobilmachung traf das Personal der Feldpost zum
großen Teil recht überraschend. Da galt es denn gleich
mit Hochdruck zu arbeiten, damit zum Abrücken mit den
Stäben alles rechtzeitig fertig war. Die Vorbereitungen,
die im voraus getroffen waren, gaben ja nur den Rah-
men des Ganzen. Am ersten Mobilmachungstage trat das
Personal zusammen: Sekretäre, Schaffner, Postillione. Die
Unterbeamten mußten ärztlich untersucht und eingekleidet
werden. Die Dienstgeschäfte waren zu verteilen, die Aus-
rüstungogegenstände zu übernehmen, für Unterbringung
der Leute war zu sorgen, allerhand Gegenstände für den
Amtsbedarf, die naturgemäß nicht jahrelang vorher auf-
gespeichert werden konnten, waren zu beschaffen. Vor
allem galt es auch mit den militärischen Oienststellen Füh=
lung zu nehmen, denn die Feldpost ist ja ebenso ein mili-
tärischer Betrieb wie alle andern Teile des Heeres. Die
Kassenverwaltung ruht beim Heer auf ganz anderer Grund-
lage wie bei der Postverwaltung. Da mußte man sich in
aller Eile mit den neuartigen Vorschriften vertraut machen,
Vorschüsse waren in Empfang zu nehmen, Besoldungen
und Mobilmachungsgeld zu zahlen und Familienzahlungen
zu regeln. Ferner war es nötig, in eine Menge von Vor-
schriften einzudringen, die, weil sie geheimgehalten wur-
den, vorher den beteiligten Beamten unbekannt geblieben
waren, und die man nun doch sobald wie möglich prak-
tisch beherrschen mußte. Am dritten Mobilmachungstage
fanden sich die Trainsoldaten ein, die den Feldpostanstalten
als Pferdepfleger und Fahrer zugeteilt wurden. Ferner
wurden die Pferde übergeben, sie waren einzuquartieren,
für Fütterung zu sorgen usw., alles Dinge, mit denen die
Beamten vorher nie Befassung gehabt hatten. Nebenher
lief nun für die Beamten noch die Sorge für ihre eigene
Ausrüstung. In dieser Beziehung waren die Feldpost-
beamten ja lange nicht so gut gestellt wie die Offiziere und
andern Beamten der Heeresverwaltung. Letztere konnten
Uniform, Waffen und Reitausrüstung vom Bekleidungs-
amt oder von den Kammern entnehmen. Den Beamten
der Feldpost war das nicht gestattet. Uberdies mußten sie
sich ja, da die Feldpostdienstordnung nicht geändert war,
noch nach der alten Vorschrift, also blau, einkleiden. Keiner
von ihnen hatte, was ja auch nicht in Anspruch genommen
werden konnte, sich schon im Frieden eine Uniform besorgt.
Nun war es recht schwer, die nötigen Schneider aufzu-
treiben, die in den wenigen zur Verfügung stehenden Tagen
die Kleidungsstücke zu liefern in der Lage waren. Und
die Uniform war ja nicht das einzige, was fehlte. Alle
andern Ausrüstungsstücke, Koffer und Wäsche, Stiefel und
Waffen und alle die vielen Kleinigkeiten mußten besorgt
werden. Besondere Schwierigkeiten machte vielfach die Be-
schaffung des Reitzeuges. JZwar waren im voraus mit
geeigneten Lieferern wegen Bereitstellung des Sattelzeugo
dim Mobilmachungsfall Verabredungen getroffen. Aber bei
der aufs höchste gesteigerten Nachfrage im Augenblick der
Mobilmachung hielten die Lieferer meistens nicht Wort, und
die Beamten mußten zufrieden sein, wenn sie nach vieler
Mühe überhaupt noch etwas auftreiben konnten, natürlich
zu Kriegspreisen.
Die wenigen Mobilmachungstage verstrichen wie im
Fluge, kaum daß noch ein paar Stunden nachts übrig-
blieben, um die häuslichen Angelegenheiten zu ordnen.
Vorsteher und ein Teil des Personals von den Feldpost-
anstalten mußten schon am 5. Mobilmachungstage ins Auf-
marschgebiet vorausfahren. Bis dahin muste im großen
ganzen die Aufstellung der Feldpostamts beendet sein. Am
nächsten Tage fand die Ubernahme durch das Militär statt
und im Anschluß daran die Vorstellung vor dem Komman=
dierenden General.
Dann folgten die Tage, an denen das liebe deutsche
Vaterland auf der Fahrt zur Grenze durchquert wurde.
Die Begeisterung unterwegs wird dem Feldpostpersonal
ebenso unvergeßlich bleiben wie allen andern Kriegsteil-
nehmern. Am Ausschiffungsort, einem kleinen Eifelnest,
regelte sich alles schon mehr manöverartig. Eins jedoch
bedrückte die Feldpost, es fehlte zunächst an eigentlicher
Arbeit. Allerdings mußte die Postanstalt am Ort unter-
stützt werden, denn für den Verkehr, den die Heeresmasse
mit sich brachte, war sie nicht eingerichtet. Aber was jetzt
und in der nächsten Zeit uns nicht recht begreiflich erscheinen
wollte, war, daß von Hause keine Post kam. Wir hörten
ja freilich im Aufmarschgebiet etwas von Postsperre, aber
keine der beteiligten Diensistellen, weder das General-
kommando noch die Ober-Postdirektion jenes Bezirks, noch
der Armee-Postdirektor, wußten etwas Genaues. Über-
dies war eine Verständigung durch Fernsprecher oder Tele-
graph äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich, denn die
Leitungen waren durch Angelegenheiten des Heeresdienstes
aufs äußerste belastet. Lange Zeit zum Grübeln und Nach-
forschen blieb übrigens nicht. Schon waren hocherfreuliche
Nachrichten über das schnelle Vorrücken in Belgien ein-
getroffen, und am 13. August ging der Aufbruch nord-