Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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heit Biwak bezogen. Der Abmarsch am nächsten Morgen 
(27. August) wurde freudig begrüßt, denn wegen der Nähe 
der Festung Givet hatte trotz des regnerischen Wetters im 
Biwak nicht abgekocht werden dürfen. Uber Nismes er- 
reichten wir vormittags Couvin, den ersten Ort seit Dinant, 
der nicht unter dem Kriege gelitten hatte; 12.30 mittags 
wurde bei Le Gue d'Hossues die französische Grenze über- 
schritten. Uber Rocroy und Bourg Fidele trafen wir abends 
in Maubert Fontaine ein, wo wir die erste Staffel des 
Generalkommandos wieder einholten. 
Die Erwartung, daß hier eine kleine Pause im Vor- 
marsch eintreten werde, erfüllte sich nicht. Der in der 
Schule eröffnete Postbetrieb mußte am 28. nachmittags 
plötzlich abgebrochen werden, weil die zweite Staffel des 
Generalkommandos der kurz zuvor abgegangenen ersten 
Staffel folgen sollte. Der Marsch ging südwärts über 
Marby, Havys, Cernion, Aubigny, Lepron bis kurz vor 
Signy I'Abbaye. Um Mitternacht mußte gehalten wer- 
den, die Straße war mit Kolonnen vollgestopft. Nach 
einigen Stunden kam der Befehl zum Umkehren, weil die 
Straße für Munitionskolonnen freigemacht werden mußte. 
So sah uns denn die Morgensonne am 29. wieder in 
Aubigny, und wir bezogen später ein Biwak bei Havys, 
wo wir bis zum nächsten Morgen verblieben. Am 
30. August legten wir nochmals denselben Weg bis Signy 
I'Abbaye zurück wie zwei Tage vorher, und langten 6 Uhr 
abends bei Novion Porcien an, wo wiederum Biwak be- 
zogen wurde, denn der Ort war von den weichenden schwar- 
zen Franzmännern geplündert und recht unwohnlich, 
einige Häuser waren verbrannt. Unsere Lagerstätte befand 
sich am Eingang des Dorfes neben niedergebrannten Stall- 
gebäuden, so daß wir den Brandgeruch aus erster Hand 
hatten. Der nächste Morgen brachte uns endlich wieder 
Post aus der Heimat; ein großer Kraftwagen brachte an- 
nähernd l00 große Säcke. Da es gänzlich ungewiß war, 
wann der Weitermarsch angetreten wurde, mußte mit allen 
Kräften versucht werden, die Post so bald wie möglich 
zu verteilen. Einen Raum, in dem wir uns häuslich ein- 
richten konnten, hatten wir nicht. So mußte denn wieder 
auf freiem Felde gearbeitet werden. Mit Hilfe von Stangen 
wurden notdürftig Säcke aufgehängt, das meiste aber auf 
dem Erdboden und auf Tischen sortiert, die wir uns noch 
in Belgien hatten anfertigen lassen. Obwohl bis zum 
Eintritt der Dunkelheit gearbeitet wurde, und uns frei- 
willige Helfer z. B. in Gestalt eines Stabaarztes er- 
standen, gelang es doch nicht, der Briefmassen bis dahin 
ganz Herr zu werden. Es blieb immer noch ein Rest für 
den nächsten Tag, doch hofften wir, im Laufe des Vor- 
mittags fertig zu werden. 
Indes dieser Tag war für die Feldpost des Korps ein 
Tag der Hindernisse. Die Postverteilung war morgens 
noch nicht weit gediehen, als der Aufbruch befohlen wurde. 
Also einpacken und Abmarsch. Wieder prallte die Sonne 
unbarmherzig nieder. Gegen 1 Uhr erreichten wir Rethel, 
das bei unserm Einmarsch erst geringe Beschädigungen 
aufwies; der Uberfall auf Kolonnen fand erst am folgenden 
Tage statt. Jenseits des Ortes wurde abgekocht. Da der 
Staffelführer erklärte, daß vor 4 Uhr nicht weitermarschiert 
werden würde, wurde schleunigst mit der Aufarbeitung der 
vom Tage zuvor übrig gebliebenen Post begonnen, natür- 
lich wieder auf freiem Felde. Plötzlich kam 2 Uhr 30 Min. 
der Befehl, es sollte in einer halben Stunde abgerückt wer- 
den. Das war für die Feldpost ein Ding der Unmöglich- 
keit. Denn bis dahin mußten etwa 100 Beutel wieder 
verschlossen und die Wagen ordnungomäßig gepackt wer- 
den. Diesmal mußte also die ganze Staffel auf die Feld- 
post warten. Der Marsch ging auf Menil zu. Nicht 
weit von uns war noch ein lebhaftes Gefecht im Gange; 
wir mußten schließlich um 6 Uhr vor Menil auf freiem 
Felde halt machen und zum Biwak auffahren, da unmittel- 
bar vor uns noch die Artillerie stand. Nun versuchten wir 
an diesem Tage zum drittenmal, unsere Post fertig auf- 
zuarbeiten. Aber kaum war alles ausgepackt und mit der 
Arbeit begonnen, als auch schon der Befehl zum Weiter- 
marsch kam. Dieser führte uns über Pauvres, wo wir 
die erste Staffel des Generalkommandos überholten, nach 
Bignicourt. Am Eingang des Ortes, der zum Teil brannte, 
wurde bei wunderbarem Mondschein Biwak bezogen. Nach 
1½ Stunden, als eben Ruhe eingetreten war, wurde 
das Biwak wieder abgebrochen und wir marschierten nach 
Pauvres zurück, wo wir 2 Uhr nachts anlangten. Am 
nächsten Morgen verhinderte der Befehl zum Weitermarsch 
wiederum die eben in der Schule begonnene Arbeit. Die 
Feldpost sollte an diesem Tage ausnahmsweise mit der 
Bagage der 23. J.-D. marschieren. Weit kamen wir in- 
dessen nicht; von 11 bis 7 Uhr legten wir nur 7 km zurück, 
weil stundenlang auf der Straße gehalten werden mußte. 
An Arbeiten war nach den Erfahrungen der letzten Tage 
dabei nicht zu denken, zumal der Führer betonte, daß der 
Weitermarsch jeden Augenblick befohlen werden könnte. 
Während des Haltes erreichte uns wiederum Post aus 
der Heimat, die uns vom Armee-Postdirektor aus Marche 
nachgeführt wurde, über s0 Säcke. Die Lage wurde, 
was die Bearbeitung der Post anging, allmählich unhalt- 
bar. An diesem Abend kamen wir nicht weiter als bis 
Machault, an dessen Eingang wiederum biwakiert wurde. 
Dafür wurde der Weitermarsch am 3. September schon 
3 Uhr früh begonnen. Uber Cauroy und Hauvine ging es 
bis Betheniville. Dort trafen wir das Generalkommando 
wieder. Gehalten wurde auf der Dorfstraße mit der Aus- 
sicht, daß der Weitermarsch jeden Augenblick befohlen wer- 
den konnte. So warteten wir von 8 Uhr an; 12.30 mittags 
kam ein Kraftwagen mit mehr als 30 Säcken Post. Diese 
Ladung mitzunehmen, war unmöglich, weil schon alle Fahr- 
zeuge mit den Beuteln vom Tage vorher überladen waren. 
Kurz nach 1 Uhr sollte abgerückt werden. Da erreichte 
das Feldpostamt durch Vorstellung beim Generalkommando 
endlich, daß es nach Bedarf zurückbleiben und allein 
marschieren durfte. Nun wurde sofort in einem geeigneten 
Hause Unterkunft gesucht und die Post mit allen zur Ver- 
fügung stehenden Kräften verteilt, bis die Dunkelheit der 
Arbeit Einhalt gebot. Nachmittags war noch eine neue 
Ladung hinzugekommen, ebenso am nächsten Vormittag. 
Die Sendungen waren zum Teil recht alt, 14 Tage bis 
4 Wochen. Am 4. konnte endlich 4.30 Uhr nachmittags 
der Weitermarsch angetreten werden. Die allgemeine Rich- 
tung war uns bekannt, durch andere Kolonnen waren 
wir nieht behindert, konnten also die Pferde flott aus- 
greifen lassen. Dabei gelang es, unterwegs schon eine 
ganze Menge von Beuteln an Korpstruppen auszugeben. 
Bei Einbruch der Dunkelheit waren wir über St. Hilaire, 
Dontrien, Auberive und Mourmelon le Grand am Lager 
von Chalons vorbei in Mourmelon le Petit angelangt. 
Unterkunft zu finden, war nicht leicht, aber notdürftig ge- 
lang es schließlich doch. Hatten wir nachts den Ort mit 
Kolonnen geteilt, so waren wir am nächsten Morgen, 
§. September, Alleinherrscher. Die ersten Stunden waren 
der Durchsuchung des französischen Postamts gewidmet. 
Das war nämlich das Postamt für das Lager von Chalons, 
die dort vorgefundenen Sendungen konnten also für das 
Generalkommando recht wichtig sein. Barmittel und 
Markenbestände waren nicht vorhanden, die waren wohl 
schon von den ersten vorrückenden Truppen beschlagnahmt 
oder von den Franzosen rechtzeitig in Sicherheit gebracht 
worden. Wir fanden eine große Menge von Lagerpost, 
daneben auch viele Einschreibbriefe und, was besonders 
wertvoll war, die neuesten Pariser Zeitungen: Matin, 
Petit Parisien usw. vom 2. September. Das war alles
	        
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