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und daß die Hauptübungen immer das Opfer des Sonn-
tags verlangen müssen.
Dao Suchen nach der besten Art der Wehrvorbereitung,
das die erste Zeit der Kriegsjahre ausfüllt, ist nötig, und
die Augeinandersetzung darüber gewiß berechtigt. Die beste
Art findet man aber wohl am sichersten, wenn man die
Arbeit und die Erfolge der verschiedenen Richtungen mit-
einander vergleicht und nicht durch Wortgefechte. Sicher
gilt, was der verstorbene Korpoführer v. Broizem dem
Verfasser gegenüber einmal äußerte: Es kommt nicht viel
darauf an, ob einer wandert oder marschiert, oder Ent-
fernungen schätzt oder etwatz anderes treibt, sondern das
ist wichtig, daß etwas Tüchtiges dabei erreicht wird.
Der Dresdner Jugendbund
war nach Erscheinen des ministeriellen Jugendpflegeerlasses
gegründet worden und stand 1014 in der besten Friedens-
arbeit. Er baute seine Monatsschrift „Der Jugendbund“
übungen an der Mauer
weiter aus, nahm an den Vorbereitungen für die Aus-
stellung „Das deutsche Handwerk 1015“ eifrig teil und
plante die Beschaffung eines großen Jugendheimgebäudes,
dessen Kosten auf 300 doo bis 400 doo Mark geschätzt
waren. Da kam der Krieg und der Wehrübungserlaß der
Ministerien. Der Verein rief sofort die jungen Männer
Dresdens zur freiwilligen Teilnahme am Kriegsvorberei-
tungsdienst auf. In einer knappen Wochen meldeten sich
2158 Mann über 16 Jahren. Im Laufe des ersten Kriego-
jahres traten noch 344 Jungmannen bei. Sie wurden
in Kompanien eingeteilt.
Dazu kam noch eine Landsturmkompanie von älteren
Leuten, die seitber militärfrei waren, aber ihrer Eingziehung
eher oder später entgegensahen. In ihr fanden sich Beamte,
Kaufleute, Lehrer zusammen, die mit einiger Besorgnis
dem Tage entgegensahen, wo sie mit den jüngeren, ge-
wandteren Leuten, teilweise ihren Untergebenen und Schü-
lern, in Reih und Glied zusammenstehen und unbeholfen
binter deren Leistungen zurückbleiben würden. Durch die
vorbereitende Ausbildung dieser Leute, bei der sie wenig-
stens eine „Abnung von milltärischen Dingen“ erhielten
und für ihren Körper wenigstens einige Abhärtung und
Festigkeit gewannen, hat sich der Jugendbund ein Ver-
dienst erworben, das nicht hinlänglich bekannt und ge-
würdigt worden ist. Mögen wenigstens diese Geschichts-
blätter aus der grossen Zeit den späteren Geschlechtern
davon berichten.
Der Dienst der Kompanien, der nach einer besonderen
Dienstanweisung der Oberleitung eingerichtet wurde, be-
stand in Exerzier-, Marsch= und Geländeübungen an den
Sonntagen und in Unterrichtsabenden, die mit Turnen
nach der Turnvorschrift für die Infanterie verbunden wur-
den. In einem Lehrsaale der Technischen Hochschule wurden
von dem verstorbenen Dr. med Luerssen, dem bekannten
Volkshygieniker, Vorträge über Gesundheitslehre gehalten.
Kompanieabende unter starker Anteilnahme der Angehöri-
gen wurden abgehalten. Die Felddienste wurden oft ge-
meinschaftlich ausgeführt, manchmal mit benachbarten
Jugendwehren zusammen, und erstreckten sich bis Frauen-
stein, Pulonitz, Hochkirch, Pirna, Freiberg, Meißen, Nossen.
Als Abzeichen- trugen die Angehörigen eine Armbinde in
den Sachsenfarben und wohl durchgängig die gleiche Mütze
mit schwarzem Wachstuchbezug. Auch sonst hatte sich eine
einheitliche und praktische Uniformierung durchgesetzt, ob-
gleich sie nicht vorgeschrieben war. Die militärische Ober-
leitung übernahm Generalleutnant z. D. von Seydlitz, ein
alter verdienter Offizier, der durch rege Anteilnahme bei
allen Veranstaltungen für Jugendertüchtigung vorbildlich
geworden ist. Zur Zeit des stärksten Betriebs waren 12
Kompanie= und 34 Zugsführer zur Verfügung.
Die Militärvorbereitung des Auolandes, besonders in
Frankreich, Schweiz und Italien, legt besonderes Gewicht
auf die Ausbildung der Jugend im Schießen mit dem
Militärgewehr. Die deutschen Negierungen haben ähnliche
Bestrebungen bisher widerraten. Nur in Baden ist die
behördliche Unterstützung zu verzeichnen. Viele bedauern
diese Lücke in Wehrvorbereitung. Auch der Jugendbund
har das Schießen eingeführt, zunächst auf den Schießständen
der Scheibenschützen-Gesellschaft, dann auf einem Militär=
schießstande. Es wurden von 1360 Leuten an 94 Schieß-
tagen 21 473 Patronen verbraucht. Dabei waren die Be-
dingungen der 2. Schießklasse in der Schießporschrift für
die Infanterie zugrunde gelegt. Durchschnittlich 60 % der
Schießschüler haben diese Bedingungen erfüllt. Auf Unter-
weisung in der Schießlehre und vorherige Zielübungen wurde
besonderer Wert gelegt. Bei diesen wurde auch das Mauser-
bein dewehr benutzt. Geschossen wurde mit der Wehrmanns-
üchse.
Bei all dem ging die Arbeit des Jugendbundes in der
allgemeinen Jugendpflege weiter. Er veranstaltete Vor-
träge, gab Druckschriften und eine Anweisung für das
Zehnminuten-Turnen heraus, und arbeitete durch die Presse.
In seinem Jugendheim auf der Seidnitzer Straße wurden
Lichtbildervorträge, Musik= und gesellige Abende, Weih-
nachtsfeste bei alkoholfreier Bewirtung, Unterrichtskurse in
Buchführung, Englisch und Kurzschrift gehalten, ein
Theaterabend fand im Alberttheater statt. Die Jugend-
pflegeeinrichtungen der Fortbildungoschulen wurden durch
Vorträge, Bücher und Geld unterstützt. Endlich war der
Jugendbund eifrig tätig in der Förderung der gesamten
Wehrübungsfrage. Er beantragte bei der Regierung die
verbindliche Einfüheung der Wehrvorbereitung in den Fort-
bildungoschulen, ferner die Begründung einer leitenden
Stelle für die militärische Vorschulung auf dem Lande, wo-
bei die preußische Einrichtung als Muster vorschwebte.
Der erste Antrag ist als zurzeit nicht durchführbar von der
Regierung für später vorbehalten, der zweite ist abge-
lehnt worden.
Trotz dieser eifrigen Arbeit und der außerordentlichen
Opferwilligkeit der Führer, die sich jahrelang Sonntag für
Sonntag zur Verfügung gestellt haben, ist aus den er-
wähnten Gründen die Anteilnahme der Jungmannen zurück-
gegangen. Eo bestehen noch 4 Kompanien von je 30 Mann.