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Der Dresdner Jugendbund bei den Weitkämpfen im Wehrtu
(Hindernisbahn)
Die Wehrvorbereitung und die ereine
Wir haben biöher die Jugendpflege und die Wehrvorbe-
reitung mehr im allgemeinen, besonders die Maßnahmen
der Regierung und Behörden kennen gelernt. Nunmehr
können wir auf die Einzelheiten des Betriebs, soweit das
nötig ist, näher eingehen.
Was unsere heutige Jugendpflege angestrebt, ist nicht
völlig neu. Wir haben gehört, daß Friedrich Ludwig Jahn
mit seinem Turnen daoselbe gewollt hat, und so gilt:
„Auf Jahn zurückgehen heißt Vorwärtoschreiten.“ Mit
dem Turnen wollte er tüchtige Vaterlandsverteidiger und
rechte Staatsbürger erziehen, nicht bloße Leibeskünstler, die
er alo „Faselhänse“ und „Künstemacher“ verspottete.
Schon die Bezeichnung „Turner“ sollte das ausdrücken.
Er hat sie von Mannhold von Sittewald entnommen. Dort
bedeutet sie einen „jungen Soldaten, einen tummelhaften
wackeren Kerl, einen frischen jungen Gesell, der sich in
ritterlichen Taten übete“. Noch klarer geht es hervor aus
den prächtigen Sätzen, die Jahn über den „Geist der Turn-
gesetze“ in seine Deutsche Turnkunst aufgenommen hat.
Die Aufgaben der neuen Jugendpflege sind darin schon
vortrefflich dargelegt.
Darum stehen Turnunterricht und Turnvereine unter den
Förderern der Jugendpflege an erster Stelle, aber nur dann,
wenn der Geist Jahns in ihnen wieder lebendig wird, wie
das erfreulicherweise vielfach der Fall ist. Man hatte sich
allerdings von Jahn entfernt, hatte die geistig-moralische
Einwirkung der Leibesübung auf die Jugend nur nebensäch-
lich behandelt und sogar den körperlichen Anteil des Tur-
nens umgestaltet. Der Turnwater hatte die allseitige
Leibesübung eingeführt. Fechten, Schwimmen, Ningen,
Reiten, Tanzen usw. rechnete er dazu. Sein Turnen wurde
draußen im Walde abgehalten. Die Angliederung des Tur-
neno an den Schulunterricht brachte es mit sich, daß es sich
auf einen „Turnfleck in der Stadt“ zurückzog und daß
ein Turnen im engeren Sinne entstand, das nur noch die
Ubungen betreibt, die sich in der Halle und auf dem Turn-
platz ohne besondere Vorkebrungen vornehmen lassen. Die
Turnvereine sind durch den Betrieb in den Abendstunden
in der gleichen Richtung gefolgt. So geht das Streben der
neuen Jugendpflege dahin, wieder auf das Turnen im
weiteren, im Jahnschen Sinne, zurückzugreifen.
Den stärksten Anteil unter den Turnern stellen in Sachsen
wie in Deutsehland überhaupt die Vereine der Deutschen
Turnerschaft, die wir in einem besonderen Abschnitt be-
sprechen werden. Bis zum Kriegsbeginn standen in schar-
afeem Gegensatz zu ihnen die Vereine der freien (sozialdemo-
kratischen) Turner. Diesen waren bis dahin
die Hallen und Plätze des Staateo und der
Gemeinden im allgemeinen verschlossen. Sie
sind ihnen aber geöffnet worden, al# man
sah, daß auch die Sozialdemokratie das
Vaterland und seine Verteidigung über den
Klassenkampf und die Parteidoktrin stellt.
Am längsten waren Schwimmen und
Fechten mit dem Turnen vereinigt ge-
wesen. Es galt früher als selbstverständ-
lich, daß sich ein Turner auch darin übte.
Allmählich entstanden aber in den Turn-
vereinen gesonderte Abteilungen für diese
Leibesübungen, die dann auch von be-
sonderen Vereinen aufgenommen wurden.
haben wir in Sachsen zahlreiche
Schwimmvereine, die den Kreis VII des
Deutschen Schwimmverbandes bilden. Ganz
besonders hat sich der Dreodner Turn-
lehrerverein des Jugendschwimmens ange-
nommen. Seit 20 Jahren bildet er, durch
Geldmittel von der Stadtgemeinde unterstützt, alljährlich
800 Knaben und soo Mädchen der Bezirksschulen im
Schwimmen auc. In mehreren Stunden werden die
Schwimmbewegungen auf dem Lande eingeübt. Das ist
das sogenannte Trockenschwimmen, dem dann in den Som-
merferien bas Schwimmen in den städtischen Elbbädern
folgt. Wir werden eine solche Schwimmstunde später dar-
stellen. Um die Einrichtung wie über die Methode des
Jugendschwimmens überhaupt hat sich Oberlehrer Mar
Klähr große Verdienste erworben.
Das Rudern wird in Sachsen von 16 Nudervereinen
betrieben, die den Sächsischen Regatta-Verein, Vorjitzender
Kurt Wendschuh-Dresden, bilden. Von den Rudervereinen
haben mehrere auch Schülerabteilungen.
Je mehr sich das Turnen in die Hallen zurückgezogen
hatte, desto lauter wurde der Ruf nach Leibesübung im
Freien. Es entstanden Vereine für Rasensport, häufig mit
dem entsetzlichen Namen „Leichtathletik“ bezeichnet. Ihre
Hauptbetätigung liegt im Betrieb des Fußballspiels.
Auch das Wandern hat sich alo selbständige Leibegübung
entwickelt. Wir haben neben den älteren Gebirgs= und
Touristenvereinen ben Wandervogel und andere Jugend-
wandervereine.
Die geistige und sittliche Einwirkung der mit Leibes-
übung verbundenen Jugendpflege hebt die Pfadfinderorgani-
sation wieder stärker hervor, die bei uns den Landesverband
Sachsen des Deutschen Pfadfinderbundes bildet.
Er zählte bei Kriegsbeginn 46 Korps mit 300 Führern
und 7000 Pfadfindern. Die Jahl der Korps hat sich er-
halten, aber die Zahl der Führer ist auf 78, die der Pfad-
finder auf 2000 zurückgegangen.
Ubungen der Neuzeit sind Nadfahren und Schneelauf.
Sie haben sich bereits stark verbreitet. Jenes wird im
Deutschen Radfahrerbunde betrieben, der in Sachsen seine
Gaue 21b Dreoden und 21c Chemnit errichtet hat. Dar
neben besteht selbständig der Sächsische Radfahrerbund.
Den Schneelauf fördert der Skiverband Sachsen.
Einen großen Anteil an der Ertüchtigung unserer Jugend
hat die kirchliche Jugendpflege. Sie richtete sich
naturgemäß zunächst auf Charakter= und geistig-religiöse
Auobildung. Aber schon vor dem Kriege hatten die meisten
Vereine auch Turnen, Wandern, Spiel und Sport mit ihren
jungen Leuten betrieben.
Auf protestantischer Seite arbeitet der Bund der evan-
gelisch-lutherischen Männer= und Jünglingsvereine in
Sachsen. Er zählte 1916 303 Vereine mit 16 800 Mit-
gliedern, von denen 9120 unter 17 Jahren, 4838 ältere
Jugendliche waren. Neben zahlreichen Sänger-, Bläser-
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Iirnen