Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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und Werbetätigkeit zur Verfügung gestellt. Beides ging 
zumeist Hand in Hand. Die Wehrabteilung oder der Ver- 
ein wurde auch das Organ der Hilfstätigkeit, und darum 
dürfen wir dieses Kapitel in unserer Darlegung nicht über- 
schlagen. 
Eine treffliche Ubersicht über die begeisterte und segens- 
reiche Kriegsarbeit der Pfadfinder finden wir in einem 
Heftchen des Gaufeldmeisters Martin, das „der Chem- 
nitzer Pfadfinder Kriegsarbeit“ beschreibt. Wir entnehmen 
ihm einige Nachrichten. 
Bei der Mobilmachung stellten sich in den 400 deut- 
schen Pfadfinderkorps 80 Ooo Pfadfinder und 2000 Führer 
der Heeresleitung und den Behörden zur Verfügung. Sie 
wurden erst nur wenig, dann immer mehr begehrt, so auch 
die Chemnitzer. Sie übernahmen auf dem Bahnhof die 
Truppenverpflegung, die Verteilung von Flugblättern an 
die durchfahrenden Truppen, Botendienste zu Rad und 
Fuß für die Verwaltungsbehörden. Sie trugen Ge- 
stellungöbefehle aus. Generalleutnant Müller betraute die 
älteren Pfadfinder sogar mit militärischen Wachtkomman- 
dos, dabei bekamen sie das Gewehr in die Hand. Sie 
waren in Lazaretten und Genesungsheimen für die Pflege, 
Unterhaltung und Unterstützung der Verwundeten tätig. 
Sie halfen bei der Brorkartenverteilung und daneben bei all 
den Sammel= und Werbearbeiten, die wir weiterhin noch 
nennen werden. 
Zu dem großen Aufgebot von Pfadfindern, dessen die 
deutsche Kommandantur in Brüssel sich bediente, stellten 
die Chemnitzer 45 Mann. Das genannte Heftchen gibt die 
Dank= und Anerkennungsschreiben der Behörden, die die 
Padfinder verwendet haben, wieder. Das ist ein Beweis, 
daß neben dem guten Willen der jungen Leute auch Erfolg 
vorhanden war. Der Rat der Stadt hat den Helfern ein 
Kaiserbild mit dem Ausdruck des Dankes der Stadt über- 
mittelt. 
Als Beispiel für die Hilfs= und Sammeltätigkeit an den 
höheren Schulen Sachsens möge das der Annenschule zu 
Dresden herangezogen werden. Zum Teil wurde unter den 
Schülern selbst gesammelt, zum Teil durch die Schüler 
bei Angehörigen und Außienstehenden geworben. Es kamen 
zusammen: bei der Metallsammlung 466 kg, bei 4 Samm- 
lungen für die Kriegsfürsorge 11936 Mark, bei der Gold- 
sammlung 79998 Mark, bei der 4. bis 7. Kriegsanleihe 
128098 Mark, beim Kaiser= und Volksdank 1207 Mark, 
bei der Papiersammlung §*s Zentner, bei der Buch- 
woche 1172 Bücher und 937.58 Mark, bei der 
Raucherspende 1360 Mark, für die Kriegsgefangenen 
8700 Mark, bei der Eichel= und Kastaniensammlung 
150 kg, für das Rote Kreuz 22274 Mark, bei weiteren 
Sammlungen für die Kriegsorganisation 306998 Mark. 
Ec beteiligten sich an der Mehl= und Kartoffel-Bestands- 
aufnahme 11, bei Brotmarkenausgabe 11, bei 7 Samm- 
lungen für die Kriegsfürsorge 2224, für das Rote Kreuz 
614, bei der Sammlung für die Kriegsgefangenen 212, 
für den Frauendank 74, den Heimatdank wiederholt 1060, 
beim Flottentag 136, beim Kaiser= und Volkesdank 66, für 
die Säuglingofürsorge 140, bei der Raucherspende 74, bei 
der Abfallsammlung 137, an Erntearbeiten 1917 109, 
an der Kernsammlung 150, Abfallsammlung 113, als 
Werber für die 6. Kriegsanleihe 96 und ähnlich bei den 
späteren Anleihen, an der Schneebeseitigung 1917 log 
Mann. Von besonderen Hilfeleistungen und Spenden ist 
noch zu nennen: Sendung von zahlreichen Liebesgaben ins 
Feld besonders Weihnachten 1914 und lols, wo die Kom- 
pagnien der Lehrer, die als Offiziere im Feld standen, be- 
dacht wurden — die Nagelung der Hindenburgsäule durch 
die Schülerschaft, wobei 200 Mark aufgebracht wurden — 
die Hilfe bei der Paketfahrt zu Weihnachten 1917, die von 
32 Schülern geleistet wurde — der Reingewinn von 
200 Mark, der durch den Vertrieb der Zeitschrift Welt- 
krieg erzielt wurde — die Kohlenversorgung der Schule 
durch 120 Schüler — in der Werkstatt wurden 40 Kopf- 
tafeln, 20 Reifenbahnen und 2000 Mullbäuschchen für die 
Verwundeten hergestellt — endlich sind die zahlreichen 
Vorführungen zum Besten des Jugenddankes zu erwähnen. 
Alle diese Ziffern machen auf Vollständigkeit keinen An- 
spruch. Sie lassen trotzdem ermessen, welch außerordent- 
liche Hilfe der Liebes= und Werbetätigbeit durch die Schüler 
der höheren und auch der Volksschulen erwachsen ist. 
Mit dem 1. April 1918 hat das Sichsische Kriegswirt- 
schaftsamt die Hilfstätigkeit der Jugendlichen fester orga- 
nisiert durch Gründung der Jungmannen-Organisation, kurz 
„die Imo“ genannt. Die darüber erschienenen Richtlinien 
geben nähere Auskunft. 
Es konnte nur eine knappe Ubersicht sein, die wir in 
den vorstehenden Blättern gegeben haben, über die An- 
regungen und den Aufschwung der körperlichen Erziehung 
in der großen Zeit. Sie hat ihren besten Auodruck 
gefunden in einem Worte des Grafen Posadowsky, das sich 
wie ein Bekenntnis zu einem neuen Erziehungsideal aus- 
nimmt: 
„Die Zukunft wiro schließlich dem Volke ge- 
hören, das sich körperlich am widerstands- 
fähigsten und damit am wehrfähigsten hält.“
	        
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