Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

44 
Boote herbeieilten, fielen vor Erreichen der Boote unter 
dem Deckungsfeuer unserer Maschinengewehre. Die mutigen 
Schwimmer kehrten heil, zuerst mit dem Boote, dann auch 
mit der Zille zurück. Sofort setzte dann die Kompagnie 
Martini über und säuberte die anliegenden Häuser. Haupt- 
mann Martini stellte an den Nummern der Gefallenen und 
Gefangenen die Anwesenheit von Teilen der französischen 
Infanterieregimenter 3, 33, 208 und 273 fest. Als die 
Kompagnie bei Morgengrauen des 24. August dann weiter 
in Richtung auf Onhaye vordrang, erbeutete sie drei ver- 
lassene französische Feldgeschütze mit vier Munitionowagen. 
Die braven Pioniere hatten inzwischen bei Les Rivages 
als der einzigen geeigneten Brückenstelle im Bereiche des 
Divisionsstreifens der 23. Infanteriedivision mit dem Bau 
einer Kolonnenbrücke — vierbordiger Bau mit zwei Böcken 
am diesseitigen Ufer — unbekümmert um das feindliche 
Infanteriefeuer begonnen. 
Eine Halbkolonne des Korpsbrückentrains war zum Divi- 
sionsbrückentrain der 32. Infanteriedivision abgezweigt 
worden, der bei Leffe und Hour die Maas überbrücken 
sollte. Infolgedessen reichten die Pontons zur Schließung 
der Brücke über den hier 120 m breiten Strom nicht aus. 
Schnell entschloß man sich zum Ausbau von drei Fähren, 
nachdem vorher schon mit Einzelpontons übergesetzt wor- 
den war. Schließlich wurde dann die Kriegsbrücke bei Les 
Nivages unter Mitverwendung der inzwischen wieder ge- 
flickten sieben Pontons des Divisionsbrückentrains 23 und 
der inzwischen zur Verfügung gestellten ersten Halbkolonne 
des Korpobrückentrains 19 des links anschließenden XIX. Ar- 
meekorps bis 6 Uhr des folgenden Morgens fertiggestellt. 
Die Brücke bei der 32. Infanteriedivision war, aller- 
dings zunächst nur drei bzw. vierbordig, bereits in der 
Nacht fertiggeworden. Auf ihr überschritt während der 
Nacht die Infanterie und Artillerie der 32. Division und 
nachher auch ein Teil der 23. Reservedivision den Strom. 
Deren Infanterie war, wie früher erwähnt, zum Teil über 
die Eisenbahnbrücke bei Houx übergegangen (45. Reserve- 
brigade), zum Teil bei Yvoir auf Ruderfähren, hergestellt 
vom Divisionsbrückentrain der 24. Reservedivision, über-- 
gesetzt worden. 
Der Kampf auf der Front des XIX. Armeekorps 
Beim XIX. Armeekorps hatten nach anstrengender Marsch- 
tätigkeit die 24. Infanteriedivision, anschließend an das 
XII. Armeekorps, den Maaabschnitt bei Anseremme und 
Falmignoul sowie die 40. Infanteriedivision den um das 
Dorf Blaimont herum bastionartig vorspringenden Maas- 
bogen am 21. August erreicht und bis zum Abend des 
22. August die Übergangsverhältnisse erkundet. 
Bei Anseremme war der Gegner augenscheinlich zur Ab- 
wehr wohlvorbereitet. Er hatte dort am 22. August die 
Eisenbahnbrücke gesprengt und hielt an dem steilen linken 
Maasufer gut ausogebaute Stellungen stark besetzt. Das 
hatte der Vorstoß des Infanterieregiments 107 in der 
Nacht vom 21. zum 22. August bestätigt. Weniger schienen 
die Franzosen mit deutschen Ubergangoabsichten bei Freyr 
und Waulsort zu rechnen. Dort führen von den rechten 
Uferhöhen nur wenige, ganz schlechte Fahrwege an den 
Steilhängen zur Maas hinab. Dagegen bietet die teilweise 
gegen das linke Maasufer gedeckte Straße von Blaimont 
auf Hastière dem Angreifer die Möglichkeit, Brückenmate- 
rial fast unbeschossen an den Fluss beranzuführen. Deshalb 
hatten hier die Franzosen das linke Maasufer stark be- 
festigt. Dieses umschließt das rechts des Flusses liegende 
schmucke Villendorf Hastière par de la in engem Bogen 
mit hundert und mehr Meter hohen Felswänden. Auf 
dem Bergmassiv von Lenne unterstützten starke, vorzüglich 
im Gelände eingebettete Geschützstellungen und vom Dorfe 
Insemont her auf hoher Felswand dicht westlich von Ha- 
stière zahlreiche Maschinengewehrnester die nachhaltige Ver- 
teidigung. Die Franzosen und die eingesessenen Belgier 
schienen von der Unmöglichkeit für die Deutschen, aus dem 
bei Hastière bewog den Kommandierenden General des 
zeugt, daß die dortige feste Straßenbrücke, wie alle Brücken 
auf dem Maaskampffeld ein Eisen= und Betonbau auf 
Steinpfeilern, noch nicht gesprengt, sondern nur zur Spren- 
gung vorbereitet worden war. 
Die gleiche Erkenntnis von den Geländeschwierigkeiten 
bei Hastiere bewog den Kommandierenden General des 
XIX. Armeekorpo, General der Kavallerie von Laffert, der 
40. Infanteriedivision anheimzugeben, schon in der Nacht 
vor der geplanten Angriffsschlacht die Hand auf Hastiere 
par de la zu legen und noch im Schutze der Dunkelheit hier 
den Ubergang zu erzwingen. 
Damit kam das XIX. Armeekorps tatsächlich dem in der 
Nacht zum 23. August ihm zugehenden Befehl des Ober- 
kommandos der 3. Armee zuvor, der die links überholende 
Verfolgung durch sofortigen Übergang bei Hastière an= 
ordnete. 
Von Hastière—Lavaux führt die zunächst schluchtartig 
ansteigende Straße auf Anthée (6 km) und erreicht jenseits 
davon bei Rosée (12 km) und Florennes (18 km) den 
Naum, in dem zahlreiche Straßenzüge von dem großen 
Schlachtfeld im Sambrebecken her südwärts auf Philippe- 
ville zusammenführen. Weiter südlich beginnt das schwer 
passierbare Berg= und Waldgebiet der Fagne, mit wenigen 
schlechten, vielfach verschlungenen Wegen, armseligen Dör- 
fern und einer besonders schwierigen Bevölkerung. 
Gelang es dem XIX. Armeekorps, über Hastiere hinaus 
in kühnem Vorstoß sich noch am Vormittag des 23. August 
den abströmenden Trümmern der französischen fünften Armee 
westlich der Maas vorzulegen, so winkte offensichtig ein 
großer Erfolg in offenem Felde. Die Vorbedingung dau 
war die schnelle Erzwingung des Maasüberganges bei 7r 
stière. Die menschemmöglichen Anstrengungen dazu haben 
die tapferen Bataillone des Infanterieregiments „Kron- 
prinz“ 104, das mit der nächtlichen Wegnahme von Ha- 
stière betraut wurde, gemacht. Das Gelände in Verbin- 
dung mit dem auch hier militärisch vorbereiteten und ge- 
leiteten Ortskampf der Gesamtbevölkerung raubte dem 
Angreifer kostbarste Stunden, wenn das auch das Schicksal 
der verblendeten Bevölkerung nicht aufhielt. 
Der Ortskampf in Hastiere par de la "] 
Das Ringen um die Brücke von Hastiere bildet eine ab- 
geschlossene Kampfhandlung, wie naturgemäß auch die 
übrigen Ubergangsversuche der einzelnen Truppenteile deo 
XIX. Armeekorps in dem vielfach gewundenen Maaab-= 
schnitt von Anseremme bis Hastière, der in der Luftlinie 
nur acht Kilometer, aber an der Flußkante gemessen, mehr 
alo das doppelte lang ist. 
Im folgenden sollen diese Kämpfe von links nach rechts, 
ihrem zeitlichen Beginn entsprechend, wiedergegeben werden. 
Der Angriff auf Hastière wurde dem Oberst Hammer, 
dem Kommandeur des Infanterieregiments „Kronprinz“ 
104, übertragen. Er erhielt hierzu an Stelle seines beim In- 
fanterieregiment 181 verwendeten I. Bataillons das I. Ba- 
taillon Infanterieregiments 131, unter Major von Süß- 
milch gen. von Hörnig, unterstellt, außerdem die 1. Bat- 
terie Feldartillerieregiments 32 unter Hauptmann von 
Heimann. Später traten noch ein Zug der 2. Kompagnie 
des Pionierbataillons 22 und das I. Bataillon des In- 
fanterieregiments 133 hinzu. 
Die Nacht zum 23. August war stockdunkel, kein Stern 
leuchtete vom Himmel, über dem engen Maastal bei Ha- 
stièbre lag dichter Rebel.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.