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Reserveregimenter 101 und 103 die Stadt unter schwerem
Häuserkampf. Auch die 2 Kilometer südlich der Stadt steil
aufragende Höhe von Frasnes wurde noch am Abend in
Besitz genommen. —
Das XII. Armeekorps
Der Kommandierende General des XII. Armeekorps,
General der Infanterie d'Elsa, traf am Schlachttag noch
vor Erhalt des Verfolgungsbefehls, und noch bevor die
ersten Abteilungen des XII. Armeekorps das linke Fluß=
ufer erreichten, s Uhr nachmittags am Ostrande von Dinant
persönlich die Anordnungen für die Verfolgung. Eine be-
ondere Verfolgungsabteilung unter Oberst Meister, be-
stchend aus dem Kaiser-Grenadierregiment 101 und der
I. Abteilung des Feldartillerieregimento 12, sollte zunächst
und sofort den Fluß überschreiten, noch während der Nacht
die Hochfläche vorwärts des Flusses gewinnen und dann
mit Morgengrauen in rücksichtslosem Draufgehen über
Onhaye in der allgemeinen Richtung auf Dhilippeville
möglichst Boden gewinnen, um dem von der Sambre
zurücksirömenden Feinde nach Kräften Abbruch zu tun.
Befehlsgemäß erreichte außerdem 2 Uhr morgens Major
von Arnim mit zwei Eskadrons des Husarenregiments 20,
inzwischen von rückwärto herangeholt, die Vorhut des
Oberst Meister und setzte sich sofort an die Spitze der
Verfolgungsgruppe. An der Verfolgung beteiligte sich auch
das Ulanenregiment 12 unter Major Wegener von der
zweiten Armee.
Bei Tagesanbruch rückte die Vorhut auf Onhaye vor.
Die Marschstraße war dicht besät mit Tornistern, Feld-
flaschen, Gewehren und Kleidungsstücken. Selbst Proviant-,
Vorrats= und Munitionswagen waren längs der Straße
stehen geblieben. Zahlreiche Tote zeugten von der Wirksam-
keit des deutschen Artilleriefeuers. Der Feind floh von
Onhaye, sobald der Angriff einsetzte, und ließ östlich des
Dorfes zwei Geschütze in der Hand des II. Bataillons,
während das I. Bataillon des Grenadierregiments 101 einen
versprengten Trupp von 51 Mann des französischen
273. Regiments gefangen nahm.
Aber schon in den Waldstücken bei Anthée leistete der
Feind erneuten Widerstand, der jedoch durch die inzwischen
herangekommene Artillerieabteilung und durch einen schnei-
digen Angriff der beiden Husarenschwadronen bald ge-
brochen wurde. Die Vorhut gelangte an diesem Abend
noch bis Rosée. Dort fiel, beim nächtlichen Kampf mit
Freischärlern und Versprengten, der frisch rorwärtsdrängende
Führer der Spitzenkompagnie Hauptmann d'Elsa an der
Spitze seiner 9. Kompagnie Grenadierregiments 101.
Das XIX. Armeekorps
Annähernd das gleiche Verfolgungsbild ergab sich auch
bei der links vom XII. Armeekorps auf Romerée vor-
dringenden 24. Infanteriedivision des XIX. Armeekorps.
Deren Vorhut bildete am 24. August das Vegiment „Kron-
prinz“ 104 unter Oberst Hammer. Vor der Front waren
Teile einer feindlichen Kavalleriedivision festgestellt, welche
mit zahlreicher, vortrefflich geführter Feldartillerie und mit
afrikanischen Truppenteilen zusammen mit der Bevölkerung
hartnäckigen Widerstand an allen geeigneten Gelände-
abschnitten leisteten. Aber unaufhaltsam drängten die säch-
sischen Verfoiger nach. Auf allen feindwärts führenden
Straßen und Wegen überboten lich gegenseitig die Marsch-
spitzen in kühnem rücksichtslosen Zugreifen.
Am 24. August gegen 10 Uhr abends hatte die Spitzen-
kompagnie des Regiments „Kronprinz“ 104, dabei der
Regimentskommandeur mit seinem Stabe, den scheinbar
vollständig ausgestorbenen Ort Surice durchschritten. Halb-
wegs Surice—Romedenne stieß die Spitze am Beginn eines
Hohlweges auf eine Wegsperre und erhielt alsbard von
allen Seiten aus Hecken und Büschen heftiges Gewehrfeuer.
Oberst Hammer wurde schwer im Gesicht verwundet,
die meisten Pferde fielen. Die tapfere 10. Kompagnie, die
Spitzenkompagnie unter Hauptmann Weste, stürzte sich aber
kurz entschlossen mit aufgepflanztem Seitengewehr auf
ihre Bedränger und warf sie über Romedenne bis auf die
1 Kilometer weiter südlich gelegene Station zurück. Gleich-
zeitig scholl heftiges Gewehr= und Maschinengewehrfeuer
rückwärts von Surice herüber. Dort hatte nach drei dumpfen
Glockenschlägen ein Feuerüberfall auf die durchziehenden
Kronprinzer eingesetzt. Von Teilen der französischen Kaval-
leriedivision im Zusammenarbeiten mit den Ortseinwohnern
war das Dorf vollständig besetzt. Aber die Kronprinzer
machten kurzen Prozeß. Gestern hatten sie nur zu gut
gelernt, Häuser von Zivilschützen zu säubern. Wieder griffen
zwei Geschütze, diesmal von der Batterie Kratzert Feldartil-
lerieregiments 77, und die Maschinengewehrkompagnie der
Kronprinzer erfolgreich in den nächtlichen Ortskampf ein.
Bereits um Mitternacht war der bis zuletzt hartnäckig ver-
teidigte Friedhof von Surice erstürmt. Zahlreiche französische
Soldaten, welche rasch Zivilkleidung angelegt hatten, wurden
ergriffen, die mit dem Gewehr in der Hand abgefaßten
Ortseinwohner verfielen dem Kriegsrecht. Die nach drei
Kampfnächten aufs äußerste angestrengten Truppen legten
sich zu kurzer Rast in den Gräben längs der Marschstraße
nieder.
Aber mit neuer Kraft wurde am nächsten Morgen die
Verfolgung wieder aufgenommen, welche am 2"5. August
die linksufrig vorgegangenen Teile des XIX. Armeekorps
über die französische Grenze und nach Erstürmung von
Fumay am 25. August zur Wiedervereinigung des
XIX. Armeekorps bei Revin führten.
Die Division Götz von Olenhusen
Die am Morgen des Schlachttages schnell zusammen-
gestellte Division Götz von Olenhusen suchte mit Aufbietung.
aller Kräfte seit 10 Uhr vormittags. des 23. August die ihr
übertragene überholende Verfolgung in die Tat zu übersetzen.
Die Division umfaßte die 39. Infanteriebrigade mit den
Regimentern 133 (ohne das I. Bataillon) und 134, das
Infanterieregiment 179, die beiden sächsischen Jägerbatail-
lone 12 und 13, Husarenregiment 109 (drei Eskadrons), die
Feldartilleriebrigade 40 mit den Regimentern 6s und 77
(ohne die I. Abteilung) — zusammen 10 Bataillone, 3 Eska-
drons, 9 Batterien.
Der Division wurde auch der Dioisionsbrückentrain der
40. Infanteriedivision, der am Morgen des 23. August
bereito in die Nähe der Maas vorgezogen war, zugesagt.
Sein Eintreffen konnte nicht abgewartet werden. Tatsäch-
lich hat der Divisionsbrückentrain die schnell vorwärts-
strebende Division Götz von Olenhusen nicht erreicht. Er
ist an der Maas bei Waulsort in Verwendung getreten. —
Vor der Didision breitete sich das mächtige Waldgebiet
der französischen Ardennen aus. Nur wenige Straßen
durchqueren eg von Nord nach Süd, keine in der direkten
Richtung auf Fumay und Revin, die Maasübergangspunkte,
welche für die überholende Verfolgung, wie sie die Oberste
Heeresleitung anstrebte, in Betracht kamen.
Der Marsch führte die Division Götz von Olenhusen zu-
nächst um die Ostfront von Givet herum über Beauraing.
Dort standen seit gestern Teile des VIII. Armeekorps der
vierten Armee zur Beobachtung gegen Givet, kaum 11 Kilo-
meter von dessen Kernwerk, dem hochragenden Fort Charle-=
mont entfernt.
Mühsam arbeitete sich bei drückender Schwüle und fast
gänzlich fehlenden Wasserstellen die Marschkolonne der