französischen Korps und vielleicht ebensoviel Reservedivi-
sionen sowie zwei bis drei Kavalleriedivisionen, außerdem
mit den Englaͤndern westlich der mittleren Maas. Dagegen
standen auf deutscher Seite zur Verfügung: von der ersten
Armee sechs Armeekorps und drei Kavalleriedivisionen,
von der zweiten Armee sechs Armeekorps und zwei Kaval-
leriedivisionen, von der dritten Armee vier Armeekorps.
Jieht man davon noch je zwei Armeekorps ab gegen
Namur und die Belgier (Antwerpen), so bleiben immer
noch zwölf Armeekorpo und fünf Kavalleriedivisionen, gewiß
genug zur Lösung der Aufgabe.
Die dritte Armee würde, auf Giret angesetzt, voraus-
sichtlich mit einem Korps (vermutlich dem XII. Armee-
korps) Givet umschlossen und beschossen haben. Teile
dieses Korps hätten im Naume von Dinant ein feind-
liches Vorbrechen über die Maas verhindert und die Ver-
bindung mit dem Belagerungskorps von Namur sicher-
gestellt.
Von den beiden anderen Korps der dritten Armee würde
das eine über Vireur—Wallerand und Fumay auf Mariem-
bourg—Couvin, das andere über Revin und Monthermé
zunächst auf Rocroi, weiter dann nach Bedarf auf Chimay
oder Hirson zum Schließen des Kessels angesetzt worden
sein.
Die neueste Kriegsgeschichte, vom Hochmeister des Be-
wegungskrieges, vom Generalfeldmarschall von Hindenburg
geschaffen, beweist, daß die Einkreisung des linken franzö-
sisch-englischen Heeresflügels zwischen Sambre und Maas
möglich war. Ihr Mißlingen, bzw. das Unterlassen der
dazu nötigen einheitlichen Heeresbewegungen belastet ledig-
lich die Oberste Heeresleitung.
Sie brauchte nur den zu frühen Angriff der zweiten
Armee an der Sambre vom 22. auf den 23. August zu
verschieben, der dritten Armee rechtzeitig am 20. August
die Richtung auf Givet und südlich zu geben, den dazu
nötigen Raum von der vierten Armee freimachend, und
vielleicht auch die Umfassungöbewegung der ersten Armee,
die auch schon am 22. Augustabend die Engländer in
ihrer eben erreichten Linie Thulin— Mons—Thien angriff,
noch um einen Tag länger auowirken zu lassen.
Durch den zu frühen Angriff der zweiten Armee am
22. August wurde die französische fünfte Armee tatsäch-
lich aus dem Kessel herausgedrängt. Sie erreichte dadurch
schon am 24. August die rettende Linie Givet—Beaumont.
Die englische Armee rettete sich an demselben Tage in
die Linie Maubeuge —Bavai.
Erst am 23. August im Sambresack angefaßt, hätten die
Armeen Lanrezac und French nicht mehr entschlüpfen können.
Denn am 25. August konnte der Kessel geschlossen sein.
Wie technisch diese Einkreisung zu machen gewesen wäre,
hat Hindenburg im Februar lols in der Winterschlacht
in Masuren an einem Musterbeispiel für alle Zeiten ge-
zeigt, und zwar unter unvergleichlich schwereren Be-
dingungen, in den kurzen Wintertagen, abwechselnd bei
Schneegestöber und Tauwetter, auf wenige grundlose Wege-
verbindungen beschränkt, einem Feind gegenüber, der körper-
lich ungleich zäher war, als der französische Soldat bei
Kriegsanfang, wo die langen Augusttage, das dichte
Straßennetz Belgiens wie die Uberzahl und unvergleichliche
Tüchtigkeit der eignen Truppen der deutschen Obersten
Heeresleitung alle Trümpfe in die Hand gaben.
Hindenburg versammelte bis 7. Februar 1915 etwa
250 Oo0 Mann gegen die 220 000 NRussen auf einer Front
von 165 Kilometern und setzte seine beiden verstärkten
Stoßflügel in einem sicher durchdachten Marschsystem von
neun Tagesetappen zu beiderseitiger Umfassung des Nussen-
heeres an. Schon am fünften Tage, am 11. Februar,
waren die Flügel Hindenburgö hinter der Russenmitte bis
auf 70 Kilometer einander genähert und drei Tage später
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schloß sich hinter dem Waldgebiet von Augustow, dem
Schneegrab der Nussenarmee, der Kreis. Der Russenrest,
110 ooo0 Mann mit 300 Geschützen und unermeßlichen
Heereogerät streckte am 15. Februar die Waffen.
Man braucht die Riesenleistungen der Hindenburgarmee
noch gar nicht einmal auf die Kriegslage im August 1914
auf den rechten deutschen Heeresflügel, die Armeen Kluck,
Bülow und Hausen, zu übertragen. Schon die tatsächlichen
Marschleistungen der ersten Armee vom 21. bis 26. August
zugrunde gelegt, beweisen, daß die Einkreisung am 25. August
abend gesichert sein konnte.
Das rechte Flügelkorps Klucks hat vom 21. August
früh bis zum 25. August abends von Gegend westlich
Brüssel aus rund 100 Kilometer bis Gegend närdlich
Cambrai zurückgelegt. Am 25. August erreichte ferner sein
IV. Armeekorps Landrecies, nachdem es den ganzen
23. August in der Schlacht von Mons gekämpft hatte.
Wäre vom schwenkenden Flügel der 23. August zum
Marsch ausgenutzt worden, so wäre der Naum von Aves=
nes—da Capelle zweifellos bis 25. August von den Korps
des rechten Flügels der ersten Armee zu erreichen gewesen.
Klucks Heereskavalleriekorps hätte — nach Ausscheidung
einer Division zum Schutz der rechten Flanke — mit zwei
Kavalleriedivisionen bereits 24 Stunden früher den Kessel
schließen können.
Die Verwendung der Artillerie und Pioniere während
der Schlacht
Das Kampfbild einer Erstschlacht des Weltkrieges möge
noch durch die zusammenfassende Schilderung der Artillerie=
und Mioniertätigkeit Ergänzung finden. «
Auf dem äußersten rechten Flügel, bei der 23. Reserve-
division, beschossen sämtliche drei Äbteilungen des Reserve-
Feldartillerieregiments 23 und das ½ II. Bataillon Fuß-
artillerieregiments 3 zunächst die feindlichen Stellungen
jenseits des Flusses und deren Anmarschwege. Am Spät-
nachmittag rückten die sämtlichen Batterien näher an die
Maas heran, teilweise bis an deren Ostufer, und brachten
dem Feind auf seinem Rückzug von der Maas noch er-
hebliche Verluste bei.
Die 3. Batterie unter Hauptmann Nößler begleitete den
Angriff der 46. Reserve-Infanteriebrigade bis Yvoir und
setzte dort auf einer Pionierfähre über. Ihr schöner Erfolg
bei Bioulr ist bereits früher erwähnt. (Seite ös.) Ebendort
ist auch der II. Abteilung schon gedacht. Die übrigen Batte-
rien des Reserve-Feldartillerieregiments 23 und das halbe
Fußartilleriebataillon konnte erst hinter der 32. Infanterie-
division die Maas auf deren Brücke bei Leffe nach Ver-
stärkung der Brücke am Morgen des 25. August über-
schreiten.
Die Artillerietätigkeit bei der 32. Infanteriedivision nahm
kurz folgenden Verlauf:
Beide Regimenter, 23 und 64, hielten bis gegen 10 Uhr
vormittags die feindliche Artillerie nieder, soweit das der
Nebel gestattete, und belegten die feindlichen rückwärtigen
Verbindungen dauernd mit Streufeuer. Sie erreichten da-
mit, daß die Angriffoinfanterie durch feindliches Artillerie=
feuer fast keine Verluste erlitt.
Als die Infanterie in den schweren Ortskampf am
Maaaufer eintrat, ließen beide Regimenter mit der
Infanterie Begleitbatterien vorgehen. Sie kamen damit
dem entsprechenden Brigadebefehl von 10,50 Uhr vor-
mittags etwa um eine halbe Stunde zuvor. Bei Leffe
griff die 4. Batterie, bei Hour die 3. Batterie Feldartillerie-
regiments 28, bald darauf auch dessen 1. Batterie sowie die
5. und 6. Batterie in den Ufer= und Heuserkampf ein.
Die 4. Batterie des Regiments war schon am Vormittag