Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

72 
sich nun beim Oberkommando der dritten Armee der Ent- 
schluß fast von selbst, die Bewegungen der dritten Armee 
für den 3 1. August in volle Ubereinstimmung mit denen 
der vierten Armee zu bringen, um im gemeinsamen Handeln 
mit dieser, wenn möglich auf einen rechts umfassenden 
Angriff des gegen die fünfte und vierte deutsche Armee 
vordringenden Feindes zuzukommen. Um diesen Entschluß 
in die Wege zu leiten, bedurfte es nur des kurzen Antritts- 
befehls vom 31. August 4 Uhr früh. In demselben wurde 
das XII. Armeekorpo gegen Pauores angesetzt, das XIX. 
Armeekorps erhielt Befehl, im Anschluß an das VIII. Ar- 
meekorpo den Feind vor der Front anzugreifen, während 
die 23. Reservedivision unter Sicherung von Flanke und 
rechter Armeeflanke von Chäteau-Po reien auf Juniville vor- 
rücken sollte. 
Am 31. August 8, 10 Uhr früh kehrte der zum XIX. Ar- 
meekorps entsandte Nachrichtenoffizier mit der Meldung 
nach Signy I'Abbaye zurück, daß der Feind in stark ver- 
schanzter Stellung mit schwerer Artillerie auf den Höhen 
südlich der Aisne von Perthes über Saulces-Champenoises 
bis Giory stehe, und daß die vierte Armee, wie er durch 
das VIII. Armeekorps erfahren habe, am 31. August zu- 
nächst nicht angreifen wolle, sondern sich nur bereitstellen 
werde. Da unter solcher Voraussicht der von der dritten 
Armec angesetzte Angriff aussich elos schien, entschlos sich 
das Oberkommando der dritten Armee, die 6 Uhr früh be- 
gonnene Offensive des XII. Armeckorps und der 23. Re- 
servedivision bis zur Klärung der Lage anzuhalten und 
befahl nicht weiter vorzugehen, sondern sich zum Offen- 
halten der Aisneübergänge bei Chäteau-Porcien und Retbel 
einzugraben. Eine dementsprechende Weisung an das XIX. 
Armeekorps gelangen zu lassen, erübrigte sich, da der Nach- 
richtenoffizier vor Verlassen des XIX. Armeekorps dieses 
lber die veränderte Lage ins Bild gesetzt und. gebeten batte, 
den geplanten Angriff nicht zu beginnen, bevor ihm ein 
ausdrücklicher Befehl zuginge. 
Nachdem 0, 10 vormittags das Oberkommando der vierten 
Armee mitaeteilt hatte, daß es die an der Maas im Kampfe 
stehende fünfte Armee mit einem Armeekorps unterstützen 
und sich mit allen anderen Kräften bei Lameßz und östlich 
bereitstellen werde, um gemeinsam mit der dritten Armee 
den Feind durch rechtsumfassenden Angriff von seinen Ver- 
bindungen abzuschneiden, entschloß sich das Oberkommando 
der dritten Armee, die vorübergehend angehaltene Offensioe 
wieder aufzunehmen. 
Bel den drei sächsischen Armeekorps verlief der 31. Au- 
gust dann wie folgt: 
Das Xll. Reservekoros auf dem rechten Flügel vollzog 
am 31. August den Aisneüberaung mit der gesamten 
23. Reservedivision bei Chätean-Porcien kampflos. 
Dagegen mußte das XII. Armeckorps am 31. August 
den Kampf nochmals aufnehmen. Seine Truopen hatten 
die Nacht in stolzer Stimmung in dem erkämpften Naume 
bei und nordöstlich Rethel, Gruppe von Watzderf (Grenadier- 
regiment 101. Infanterieregiment 132, Jägerbataillon 11) 
südlich der Aisne direkt am Feird verbracht. 
Am 31. August gegen lo Uhr vormittags stieß die 
23. Infanteriedivision an den Höhen südlich von Biermes— 
Thuge auf neuen Widerstand. Sie säuberte die vorliegen- 
den Höhen, während die 32. Infanteriedivision rechts von 
ihr sich bis zum Abend in den Besibz der Höhe von Per- 
thes setzte. Wieder hatte der Feind in gutgewählten Stel- 
lungen geschickt um Zeitgewinn aekmoft. Beide Dioi- 
sionen des XII. Armeekorps mußiten bis zur Dunkelheit 
um ihre Quartiere (32. Infanteriedirision Perthes und 
nördlich, 2 3. Infanteriediossion Annelles —Mnil) kämpfen. 
Das XIX. Armeekorps brachte der 31. Auaust in den 
Besitz der Aisn#übergänge von Attigny und Semuy. Bis 
zum Nachmittag wurden diese beiden freundlichen Aisne- 
städte genommen. Sie waren durch die Franzosen, beson- 
ders durch deren Kolonialtruppen vor der Näumung ent- 
setzlich verwüstet worden. Die wenigen zurückgebliebenen 
Einwohner empfingen die Sachsen als Befreier. 
Die beiden Gefechtstage hatten bei furchtbarer Hitze un- 
gewöhnliche Anforderungen an die Kräfte der Truppen 
gestellt. 
Der Feind bestand anscheinend aus dem verstärkten 
IX. Armeekorps und wohl auch aus Teilen des XXI. Ar- 
meekorps, die erst am 29. August von Epinal her mit 
der Bahn Rethel erreicht hatten. 
Die Verluste waren namentlich beim XII. Armeekorps 
beträchtlich. Sie betrugen 19 Offiziere, 203 Unteroffi- 
ziere und Mannschaften tot sowie 45 Offiziere, 1225 Un- 
teroffiziere und Mannschaften verwundet. 
Auch vor der anschließenden vierten Armee hatte der 
Gegner den Widerstand aufaegeben. Die französische vierte 
Armee fühlte sich aber offensichtlich durchaus nicht be- 
siegt. Ebenso wie bei Sedan hatte sie auch jetzt nur auf 
höheren Befehl hin und im Nahmen der planmäßigen Nück- 
wärtsbewegung des Gesamtheeres den Kampf aufgegeben. 
Beim Oberkommando der dritten Armee traf am Abend 
des 31. August kurz nach 9 Uhr ein Funkspruch der Ober- 
sten Heeresleitung ein, wonach mit Rücksicht auf die schwe- 
ren Kämpfe der fünften Armee nördlich Verdun unauf- 
haltsames Vorgehen der dritten und vierten Armee ge- 
boten war. 
Gegenüber der deutschen fünften Armee hatte die fran- 
zösische dritte Armee nach ihrer Niederlage im Grenzgebiet 
erneut auf den Höhen links der Maas unterhalb von Ver- 
dun den Kampf aufgenommen. Die Armee des deutschen 
Kronprinzen fand an der Maas schwere Arbeit. Am 27. 
und 28. August überwand ihr rechter Flügel den Fluß bei 
Stenay und Dun, ihr linker Flügel deckte währenddem 
gegen Verdun, von wo der Feind immer stärkere Kräfte 
gegen die Flanke der deutschen fünften Armee vorführte. 
Bercits am 30. August leistete der von der Maas ver- 
drängte linke Flügel der französischen dritten Armee an 
den Nordzugängen der Argonnen erneuten heftigen Wider- 
stand. Am 31. August wurde Varennes erstürmt. Lang- 
sam wich der Feind durch den zerblüfteten Bergwald der 
Argonnen südwärts. Verdun zwang mit seiner starken Be- 
satzung zu entsprechender Flankendeckung. Auch in den Ar- 
gonnen rangen sich die Korps der deutschen fünften Armee 
nur mühsam vorwärts. 
Nocb schwerer war die Arbeit bei der deutschen sechsten 
und siebenten Armee in dieser letzten Augustwoche. Ver- 
gebens suchte die deutsche sechste Armee den Stosfkeil in 
das Loch von Charmes voriutreiben und stemmte sich 
trotzig dem starken französischen Gegenanariff aus dem 
befestigten Naume von Nanch entgegen, während die deut- 
sche siebente Armee vor den Betonstellungen der franzö- 
sischen ersten Armee im Raume von St. Dis allmählich fest- 
fubr. Wohl erlag binter der deutschen Front das französische 
Sperrfort Manonviller den Kruppschen 42-em-Haubißen, 
aber der Stellungskampf an der oberen Mosel rückte nicht 
mehr vorwärts, trotz der gewaltigen Leistungen und blutigen 
Opfer der deutschen sechsten und siebenten Armee. Die 
vorzüglich vorbereitete französische Abwehrstellung zwischen 
den befestigten Lagern von Epinal und Toul—Nancy er- 
wies sich als nicht bezwingbar mit den bisherigen Mitteln 
des Feldkriegs. Eine neue Kampfart dämmerte hier auf, 
der Stellungskrieg. 
Die Belgier waren am 27. August, als gleichzeitig die 
Feldheere der Westmächte sich den deutschen Einfallarmeen 
erneut zur Schlacht stellten, aus Antwerpen mit allen fünf 
Divisionen über Mecheln auf Loewen vorgebrochen. Nach 
anfänglichem Erfolg beiderseits umfaßt, wichen die Belgier 
am 26. August nach Antwerpen zurück. Die Stadt Löwen,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.