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zugehen, da für den linken Flügel der Garde sonst die
Gefahr der Umfassung bestehe“. —
Links vom XlI. Armeekorps war am 6. September das
XIX. Armeekorps vorgerückt.
XIX. Armcekorps
Das Generalkommando des XIX. Armeekorps hatte am
5. September abends durch Fliegermeldung Kunde über
stärkere feindliche Truppen in Linie Fere-Champenoise—
Vitry-le-Frangois erhalten, hinter denen anscheinend Kolon-
nen im Rückmarsch nach Süden in der allgemeinen Rich-
tung auf Troyes waren.
Das Korpo trat am 6. September in dauernder Ver-
bindung mit seinen Nachbarkorp# — rechts XII., linko
VIII. Armeekorps der vierten Armee — den Vormarsch
in zwei Kolonnen an. Die rechte Kolonne, die verstärkte
38. Infanteriebrigade, erreichte ihr Marschziel Coole ohne
Berührung mit dem Feind und in dauernder Verbindung
mit der rechten Nachbardivision. Diese — die 23. Infan-
teriedivision — rückte ebenfalls am Spätabend bis in die
Gegend von Coole heran.
Die Vorhut der linken Kolonne (Infanterieregiment 134
der 40. Infanteriedivision) erreichte big gegen Mittag
das Tagesmarschziel, den Raum von Maisons-en-Cham-
pagne und nordwestlich.
11 Uhr vormittago ging vom VIII. Armeekorps Mit-
teilung ein, daß es westlich von Vitry-le-Francois, bei
Glannes, in ernstem Kampfe stehe. Die 40. Infanterie-
division hatte deshalb bereits aus eigener Entschließung
den Vormarsch fortgesetzt und war gegen den linken Flügel
des Feindes, der vor dem VIII. Armeekorps standhielt,
mit ihrer Vorhut und ihrer gesamten Artillerie ins Gefecht
getreten. Der kommandierende General des XIX. Armee-
korps, der vorgeritten war, ließ in diesen Kampf von
4 Uhr nachmittags ab auch seine schwere Artillerie aus
einer Stellung südlich Maisons-en-Champagne eingreifen.
Der Artilleriekampf flaute gegen Abend ab, auch beim
VIII. Armeekorps. Feindliche Infanterie war nicht ins
Gefecht getreten.
Die Auffassung der Lage beim XIX. Armeekorps am
Abend war: Der seit 14 Tagen verfolgte Gegner stellt
sich. Er muß sofort scharf angefaßt werden, sonst zieht
er ab oder wirft sich mit Uberlegenheit auf die Nachbar-
armee. Auf letztere Absicht deutete die Mitteilung des
VIII. Armeekorps (an 4 Uhr nachmittags), daß starker
Feind aller Waffen von Süden her (Brienne-le-Chateau)
im Anmarsch auf Vitry-le-Frangois durch Flieger fest-
gestellt sei. So befahl denn das Generalkommando des
XIX. Armeekorps den einheitlichen Angriff des gesamten
Korps umfassend gegen die linke Flanke des Feindes vor
dem VIII. Armeekorps für den 7. September s Uhr früh,
meldete seinen Entschluß dem Oberkommando und gab den
Nachbarkorps davon Kenntnis. —
Oberkommando der 3. Armee
Die ursprüngliche Auffassung des Oberkommandos der
dritten Armee über die Lage war bereits durch die Tatsache,
daß starker Feind nördlich von Fere-Champenoise gegen-
über der Garde standhielt, und die 12 Uhr mittags ein-
treffende Meldung vom Abbiegen der 32. Infanterie-
division zur Unterstützung der Garde geändert worden.
5,15 Uhr nachmittags erbat das auf dem rechten Flügel
der vierten Armee kämpfende VIII. Armeekorpo „dringende
Unterstützung durch möglichst starke Kräfte der dritten
Armee, da hiervon die Entscheidung des Tages abhängig
sei
Aus allen am é. September einlaufenden Mitteilungen
und den von den Nachbararmeen mehrfach eingehenden,
dringlich gehaltenen Hilferufen ging unzweideutig hervor,
daß der seit 14 Tagen verfolgte Gegner im Begriff war,
sich vor der ersten, zweiten, dritten und vierten Armee zu
stellen und sogar den Kampf zu suchen, letzteres jedenfalls
vor der zweiten und vierten Armec, die, nach ihren Kund-
gebungen zu schließen, sich schwerbedrängt zu fühlen schienen.
Das Oberkommando der dritten Armee ordnete daraufhin
5,40 Uhr nachmittags an, daß das XIX. Armeekorpo in
den Kampf einzugreifen habe. 10 Minuten später traf
bereito die Meldung des XIX. Armeekorps ein, daß es selb-
ständig zur Unterstützung des VIII. Armeekorps von der
Vormarschsiraße in südöstlicher Richtung abgebogen sei und
dao VIII. Armeekorps „durch umfassenden Angriff gegen
die feindliche linke Flanke unterstützen werde“.
In den späten Abendstunden traf dann eine Bitte des
Generalkommandos des Gardekorps über das XII. Armee=
korps und eine solche des Generalkommandos des
VIII. Armeekorps des gleichlautenden Inhalts ein, daß
beide Korps in schwerem Kampfe stünden, und daß dringend
um Hilfe mit ganzer Kraft gebeten werde.
9,45 Uhr abends erbat das Oberkommando der zweiten
Armee für den 7. September dringend ein Eingreifen
der ganzen dritten Armee auf Fere-Champenoise.
So war die dritte Armee abermals in die Lage versetzt,
beiden Nachbararmeen helfen zu müssen, ohne daß es durch
die Lage, wie sie sich von selbst gebildet hatte, möglich
gewesen wäre, einer der beiden Nachbararmeen mit ganzer
Kraft beizustehen. Die Angriffe gegen die deutsche zweite
und vierte Armee bewiesen, daß die Franzosen nicht mehr
südlich ausweichen wollten. Unter diesen Umständen er-
achtete es das Oberkommando der dritten Armee als das
richtigste, die in der Mitte zwischen beiden Nachbararmeen
befindliche 23. Infanteriedivision, die am 6. September
abends Coole erreichte, am 7. September in südlicher Rich-
tung weiter vormarschieren zu lassen, in der Hoffnung
dadurch am meisten auf die Flügel des Feindes einwirken
zu bönnen.
Der Kampfverlauf bei den Nachbararmeen
Rechts und links der dritten Armee hatte sich die Schlacht
im Verlaufe des 6. September voll entwickelt. Eine Mit-
teilung der Obersten Heercoleitung, die bei der dritten
Armee erst in der folgenden Nacht einging, gab den Armeen
kund, daß nach einem vorgefundenen Joffrebefehl für das
feindliche Heer die Entscheidungsschlacht angeordnet sei.
Der Aufruf des Generals Joffre datierte vom 6. Sep:
tember früh und lautete: „Im Augenblick, wo die Schlacht
um die Rettung des Vaterlands anhebt, darf keiner rück-
wärts schauen. Alle Kräfte gehören dem Angriff, der
Zurückwerfung des Feindes. Die Truppe, die nicht mehr
vorwärts kommt, muß, koste es, was es wolle, den erstrit-
tenen Boden festhalten und eher sterben als zurückweichen.
Angesichts der Kriegslage ist keine Schwäche zu dulden.“
Der französische Heeresbefehl zum Gegenangriff ist
bereits am 4. September erlassen worden:
1. Es gilt, die gefährdete Lage der deutschen ersten
Armee durch vereinten Angriff unserer drei Armeen des
linken Heereoflügels auszunutzen. Bereitstellung am §.,
Angriff am 6. September.
2. Am §. September abends stehen bereit:
a) die sechste Armee nördlich Meaur, zum Vorgehen
über den Ourcq zwischen Liy und May, Richtung Chateau-
Thierry, dabei das Kavalleriekorps 1;
b) die Engländer auf Linie Changis (an der Marne)—
Coulommiers, Front nach Osten, Richtung auf Montmirail;
P) die fünfte Armee, mit starkem linken Flügel, auf
Linie Courtacon—Esternay—Sezanne. Angr.ff nordwärts.
Kavalleriekorps 2 zur Verbindung mit den Engländern;