Sanktion und Publikation der Gesetze und Verordnungen. (8. 115.) 49
8) Die Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke sind zum Halten der Gesetzsamm—
lung und des Amtsblattes ihres Regierungsbezirkes verpflichtet, jedoch können kleinere
Verbände dieser Art von der Verpflichtung zeitweilig entbunden werden.
d) Was die Polizeiverordnungens betrifft, so bestehen über deren Verkündigung
besondere Vorschriften. 5
a) Bezüglich der ortspolizeilichen Vorschriften, zu deren Erlaß die mit der
örtlichen Polizei beauftragten Behörden nach §. 5 des Gesetzes v. 11. März 1850“
bzw. nach §. 5 der Verordnung v. 20. Sept. 1867 über die Polizeiverwaltung?,
und nach §. 6 des Gesetzes v. 7. Jan. 1870 über die Polizeiverwaltung im Herzog-
tum Lauenburg " berechtigt sind, haben die angeführten Paragraphen vorgeschrieben, daß
die betreffenden Regierungen die erforderlichen Bestimmungen über die Art der Ver-
kündigung, sowie über die Formen, von deren Beobachtung die Gültigkeit derselben ab-
hängt, zu erlassen haben. Es hatte aber schon die Kabinettsorder v. 8. Febr. 18407
angeordnet, daß die Regierungen befugt sein sollten, die Art der Publikation kreis= und
ortspolizeilicher Verordnungen innerhalb ihrer Verwaltungsbezirke mit verbindlicher Kraft
und der amtlichen Erlasse genügend sicherzu
stellen und den Staatsangehörigen, für welche
diese Publikationen bestimmt sind, ausreichende
Gelegenheit zu bieten, von dem Inhalte dersel-
ben Kenntnis zu nehmen, ist durch eine Reihe
von gesetzlichen Vorschriften die Verpflichtung
zum Halten der Gesetzsammlung bzw. der Amts-
blätter teils für die Behörden und die Mehrzahl
der Beamten, teils für die Gemeinden und Bür-
germeistereien, teils selbst auch für die Krüger,
Gast= und Schankwirte angeordnet worden. In
den im Jahre 1866 mit der Monarchie vereinig-
ten Landesteilen bestand dagegen eine derartige
Verpflichtung teils gar nicht, teils in geringerem
Umfange als in dem bisherigen Gebiete des preuß.
Staates. (Vgl. die Zusammenstellung der auf
den Gegenstand bezüglichen gesetzlichen Bestim-
mungen in den Motiven des im Jahre 1872
den Kammern vorgelegten Gesetzentwurfs, in den
Stenogr. Ber. des A. H. 1871—172, Anl. Bd. II,
Aktenst. Nr. 202, S. 1152 ff., desgl. in den Mo-
tiven des den Kammern im Jahre 1872 aber-
mals vorgelegten Gesetzentwurfs in den Stenogr.
Ber. des A. H. 1872—73, Anl. Bd. I, Aktenst.
Nr. 16, S. 105 ff.)
1 Das Ges. v. 10. März 1873 (G. S. 1873,
S. 41) hat unter Aufhebung aller bisherigen,
über den Gegenstand erlassenen Vorschriften die
betreffende Verpflichtung gleichmäßig für den
ganzen Umfang der Monarchie, und zwar dahin
geregelt, daß (vom 1. Jan. 1873 ab) nur die
Gemeinden und selbständigen Gutsbe-
zirke zum Halten der Gesetzsammlung
und des Amtsblattes desjenigen Be-
zirks, in welchem sie belegen sind, ver-
pflichtet sein sollen, und daß auch von die-
ser Verpflichtung die Bezirksverwaltungsbehörden
(Regierungen, Landdrosteien), Gutsbezirke und
kleinere Gemeinden auf Zeit entbinden dürfen.
(Vgl. über dieses Gesetz den Ber. der Justizkomm.
des A. H. v. 20. März 1872 in den Stenogr.
Ber. des A. H. 1871—772, Anl. Bd. III, Aktenst.
Nr. 301, S. 1054 ff., die Verhandl. im A. H. in
den Stenogr. Ber. 1872—73, Bd. I, S. 144
—150, 215—217, u. Bd. II, S. 738—742, u.
die Verhandl. im H. H. in den Stenogr. Ber.
1872—73, Bd. I, S. 128—130.) Tuch das 6 S. 1
. 87)
5. Aufl. III.
Ges. v. 28. Febr. 1877 (G. S. 1877,
v. Rönne-Zorn, Preuß. Staatsrecht.
ist das Ges. v. 10. März 1873 auch für den
Kreis Herzogtum Lauenburg in Wirksamkeit ge-
setzt worden. Über die Ausführung des Ges. v.
10. März 1873 vgl. den Erlaß des Just. Min. v.
29. April 1873 (Just. M. Bl. 1873, S. 127)
und den Erlaß der Min. d. Inn. u. d. Fin. vom
30. April 1873 (M. Bl. d. i. Verw. 1873, S. 165
u. 166). Durch den Allerh. Erlaß v. 1. April
1874 (G. S. 1874, S. 128) ist die Einführung
des ganzjährigen Abonnements für die Gesetz-
sammlung und die Amtsblätter unter Aufhebung
der entgegenstehenden, das vierteljährige oder
halbjährige Abonnement zulassenden Bestimmun-
gen angeordnet worden. Vgl. dazu den (durch das
Zirk. Reskr. des Min. d. Inn. v. S. Mai 1874 publi-
zierten) Staatsmin.-Beschluß v. 28. April 1874
(M. Bl. d. i. Verw. 1874, S. 117). Uber die
Lieferung von Freiexemplaren der Gesetzsamm-
lung bzw. der Amtsblätter an die Behörden, so-
wie über den Preis derselben vgl. v. Rönne,
Ergänz. und Erläut. der preuß. Rechtsbücher,
6. Ausg., Bd. I,, S. 34 ff., u. Bd. IV (Nach-
trag), S. 680. Über die Aufstellung der Haupt-
listen über die zum Halten der Gesetzsammlung
und der Amtsblätter Verpflichteten und der Gratis-
empfänger vgl. den Erlaß der Min. d. Fin. u.
d. Inn. v. 11. Nov. 1874 (M. Bl. d. i. Verw.
1874, S. 277), und über den Bezug der Gesetz-
sammlung von seiten der Justizbehörden den Er-
laß des Just. Min. v. 15. Dez. 1874 (Just. M.
Bl. 1874, S. 348).
2 Vgl. oben §. 114.
* Rosin, S. 254 ff. Das Restkr. des Min. d.
Inn. v. 8. Nov. 1872 (M. Bl. d. i. Verw. 1872,
S. 334) führt aus, daß in den Fällen, wo die
Gesetze, insbesondere das Strafgesetzbuch, die
Üübertretung gewisser, von den Polizeibehörden
zu erlassenden Polizeivorschriften mit Strafen be-
drohen, die Polizeibehörden auch bei Erlaß der-
artiger Polizeivorschriften die für den Erlaß
von Polizeiverordnungen allgemein festgesetzten
Formen zu beobachten haben.
4 G. S. 1850, S. 265.
5 G. S. 1867, S. 1529.
6 Offiz. Wochenblatt für Lauenburg 1870,
3.
G. S. 1840, S. 32.