98 23. Juli
wird. Bei dieser Sachlage können das Vorgehen sowie die
Forderungen der österreichisch-ungarischen Regierung nur
alsgerechtfertigtangesehen werden. Trotzdem
schliesst die Haltung, die die öffentliche Meinung sowohl als
auch die Regierung in Serbien in letzter Zeit eingenommen hai,
die Befürchtung nicht aus, dass die serbische Regierung es
ablehnen wird, diesen Forderungen zu entsprechen, und dass
sie sich zu einer provokatorischen Haltung Oesterreich-Ungarn
gegenüber hinreissen lässt. Es würde der österreichisch-unga-
rischen Regierung, will sie nicht auf ihre Stellung als Gross-
macht endgültig Verzicht leisten, nichts anderes übrig bleiben,
als ihre Forderung bei der serbischen Regierung durch einen
starken Druck und nötigenfalls unter der Ergreiiung
militärischer Massnahmen durchzusetzen.
wobei ihr die Wahl der Mittel überlassen bleiben muss.
Ew. usw. beehre ich mich zu ersuchen, sich in vorstehen-
dem Sinne (dem derzeitigen Vertreter des Herrn Viviani) (Sir
Edward Grey) (Herrn Sasonow; gegenüber auszusprechen und
dabei insbesondere der Anschauung nachdrücklich Ausdruck
zu verleihen, dass es sich in der vorliegenden Frage um eine
lediglich zwischen Oesterreich-Ungarn und Serbien zum Aus-
trag zu bringende Angelegenheit handle, die auf die beiden
direkt Beteiligten zu beschränken das ernste Bestreben der
Mächte sein müse. Wir wünschen drinzend die
Lokalisierung des Konflikts, weiljedes Ein-
greifeneinerandern Machtinfolge der ver-
schiedenen Bündnisverpflichtungen unab-
sehbare Konsequenzen nach sich ziehen
würde.
Einem gefälligen telegraphischen Bericht über den Verlauf
Ihrer Unterredung werde ich mit Interesse entgegensehen.