l. August 317
nichtzu verletzen, wiruns verpflichten wür-
den, neutral zu bleiben.
Ich antwortete, daskönneichnichtsagen, un-
sere Hände wären noch frei, und wir überlegten noch, welches
unsere Haltung sein würde. Ich könne nur sagen, dass unsere
Haltung zum grossen Teile durch die öffentliche Meinung in
England bestimmt würde, dass Belgiens Neutralität für die
öffentliche Meinung die grösste Wichtigkeithabe. Ich denke
nicht, dass wir ein Neutralitätsversprechen
unter dieser alleinigen Bedingung abgeben
können.
Der Botschafter drang in mich, ob ich nicht Bedingun-
gen formulieren könnte, unter wielchen wir neutral bleiben
würden. Er meinte sogar, dass dielntegritätFrank-
reichs und seiner Kolonien garantiert wer-
denkönnte.
Ich sagte, dass ich mich gezwungen fühle, endgültig
jedes Neutralitätsversprechen unter sol-
chen Bedingungen zu verweigern und dass ich
nur sagen könne, dass wir unsere Mände frei behalten
wünrden.!)
Bib. Nr. 123. !) Man sieht ohne weiteres, welch entscheidende
Bedeutung die von Sir Edward Grep hier wiedergegebene Unterredung
mit dem Fürsten Lichnowskp hatte. Deutschland machte hier das An-
erbieten, Belgiens Neutralität vollständig zu respektieren, nachdem es
vorher nur die Integrität nach dem Frieden versprochen hatte. Deutsch-
land erklärte sich bereit, sogar im Falle eines Sieges über Frankreich
ausser dem europäischen Territorium, dessen Integrität es schon früher
gewährleistet hatte, auch Frankreichs Kolonialreich nicht anzutasten,
falls England neutral bleibe.
Diese Tatsachen gehen klar aus dem englischen Bib. hervor.
Zu ihnen gesellt sich aber noch ein anderes höchst wichtiges Moment:
Der wichtige Telegrammwechsel zwischen König Georg und Kaiser
Wilhelm und die Telegramme Lichnowskpys, die auf S. 335 ff. folgen.
Siehe die betreffenden Anmerkungen. Aus Bib. 123 erhellt aber bereits,
dass Grep unbedingt den Krieg mit Deutschland wollte. Nachdem er
bei dem ersten deutschen Angebot, Bib. 85, in dem der Reichskanzler
über Belgien keine andere Zusicherung abgab, als das Versprechen,
das Königreich nach dem Kriege wieder herzustellen und nur Frank-
reichs europäischen Besitz unangetastet lassen wollte, gerade wegen
dieser beiden ungenügenden Zugeständnisse ein Neutralitätsverspre-
chen verweigerte, Bib. 101, hätte er jetzt seine Neutralität versprechen
müssen. Als Lichnowskp zunächst die Achtung der beigischen Neu-
tralität verspricht, sagt Grey, offenbar in der Hoffnung, dass Deutsch-
and nicht mehr anbieten würde, diese eine Bedingung genüge nicht.
Danach sagt auch Lichnowskp die Respektierung des französischen
Kolonialbesitzes zu. Und hierauf erklärt Grey, er müsse es endgültig
ablehnen, ein englisches Neutralitätsversprechen zu geben. Wie wir
aus den Stücken des 31. Juli ersehen, hoffte Grey, der den Kabi-
nettsrat und das Parlament mit einem moralischen Kriegsgrund hin-
Grey lehnt
dieses Aner-
bieten ab: er
müsse endeül-
tig auf ein Ver-
sprechen der
englischen
Neutralität
verzichten.