II. Die Entwürfe der sog. Erfurter Unionsversassung. 55
g. 3. Hat ein Deutsches Land mit einem nichtdeutschen Lande
dasselbe Staatsoberhaupt, so muß dieses entweder in seinem Deut-
schen Lande residiren, oder es muß auf verfassungsmäßigem Wege
in demselben eine Regentschaft niedergesetzt werden, zu welcher nur
Deutsche berufen werden dürfen.
#ä# 4. Abgesehen von den bereits bestehenden Verbindungen
Deutscher und nichtveutscher Länder soll kein Staatsoberhaupt eines
nichtdeutschen Landes zugleich zur Regierung eines Deutschen Lan-
des gelangen, noch darf ein im Reiche regierender Fürst, ohne
seine Deutsche Regierung abzutreten, eine fremde Krone annehmen.
5. 5. Die einzelnen Deutschen Staaten behalten ihre Selbst-
ständigkeit, soweit dieselbe nicht durch die Reichsverfassung be-
schränkt ist; sie haben alle staatlichen Hoheiten und Rechte, soweit
diese nicht der Reichsgewalt ausdrücklich übertragen sind.
Abschnitt II. Die Reichsgewalt.
Art. I. §. 6. Die Reichsgewalt übt dem Auslande gegen-
über die völkerrechtliche Vertretung des Reiches und der einzelnen
Deutschen Staaten aus. Die Reichsgewalt stellt die Reichs-Ge-
sandten und die Konsuln an. Sie führt den diplomatischen Ver-
kehr, schließt die Bündnisse und Verträge mit dem Auslande,
namentlich auch die Handels= und Schifffahrtsverträge, so wie die
Auslieferungsverträge ab. Sie ordnet alle völkerrechtlichen Maß= S. e.
regeln an.
5. 7. Die einzelnen Deutschen Regierungen haben ihr Recht,
ständige Gesandte zu empfangen oder solche zu halten, auf die
Reichsgewalt übertragen. Auch werden dieselben keine besonderen
Konsuln halten. Die Konsuln fremder Staaten erhalten ihr Exe-
qduatur von der Reichsgewalt. Die Absendung von Bevollmächtigten
an den Reichsvorstand oder andere Deutsche Regierungen ist den
einzelnen Regierungen unbenommen.
6. 8. Die einzelnen Deutschen Regierungen sind befugt, Ver-
träge mit andern Deutschen Regierungen abzuschließen. Ihre Be-
fugniß zu Verträgen mit nichtdeutschen Regierungen beschränkt sich
auf Gegenstände, welche nicht der Zuständigkeit der Reichsgewalt
zugewiesen sind.
#9.Alle Verträge nicht rein privatrechtlichen Inhalts,
welche eine Deutsche Regierung mit einer anderen Deutschen oder
nichtdeutschen abschließt, sind der Reichsgewalt zur Kenntnißnahme,
und, in sofern das Reichs-Interesse dabei betheiligt ist, zur Bestäti-
gung vorzulegen.