Die Sialthalterschaft Hohenlohe (I885 jj.). Forischreilende Gernianisierung (1887). 651
unwiderrufliche ist, die nur mil dem Bestande des Deutschen Reiches selbst enden kann, und höret
in diesen entscheidungsreichen Tagen nur auf das, was Gewissen und Vernunft, Liebe zum
heintischen Boden, zur Familie und zu eurem Besitz euch raten.“
Der Aussfall der Wahlen vom 21. Februar 1887 in den Reichslanden zeigte,
daß die Mehrheit des Volkes auf diese eindringliche Mahnung noch nicht hören wollte,
denn Elsaß-Lothringen sandte lauter Septennatsgegner nach Berlin. Selbst der ein-
sassische Abgeordnete, welcher im Landesausschuß im rückhaltlosen Anschluß an
das Neich für das Septennat eingetreten war, der Baron Zorn von Bulach, verlor
sein Mandat. Indessen erreichte in Straßburg der reichstreue Kandidat, Rechtsanwalt
Dr. Petri, doch eine erhebliche Minderheit, im Stadtbezirk Metz allein sogar die Mehr-
heit über seinen französischen Gegner. Aber überall sonst zeigte sich bei diesen Wahlen
der unheilvolle Rückschlag der Manteuffelschen Zeit. Den Wühlereien der Franzosen
und Französlingen war damals so freier Spielraum gegönnt worden, daß die Masse
der Bevölkerung an einen dauernden Bestand der deutschen Herrschaft überhaupt nicht
mehr glaubte. Anßerdem verkündeten die Hetzer, daß die Franzosen in dem von Bou-
langer vortresflich vorbereiteten Kriege unfehlbar siegen und dann über alle Deutschen-
freunde der Reichslande ein furchtbares Strasgericht verhängen würden. Diese Prah-
lereien und Drohungen machte ja der neue deutsche „Kartellreichstag“ binnen wenigen
Wochen (am 11. März) durch Annahme des Septennats zu nichte, und die reichsländi-
schen Protestler bildeten im Reichstag, in der unrühmlichen Genossenschaft von 7 So-
zialdemokraten, 1 Zentrumsmann, 1 Welfen, 1 Dänen und 25 Deutschfreisinnigen,
die klägliche Minderheit von 48 gegen 223 Stimmen. An diesem 11. März 1887
mochte schon mancher reichsländische Wähler erkennen, wie thöricht er am 21. Fe-
bruar gestimmt hatte. Aber Fürsi Hohenlohe begnügte sich nicht mit diesen starken
moralischen Eindrücken. Auf seine Anregung wurde am 18. Juni 1887 durch Reichs-
gesetz das elsässische Gesetz vom 22. Juli 1870 aufgehoben, nach welchem die Bürger-
meister aus dem Gemeinderat entnommen werden mußten und fünf Jahre ihres
Amtes walten durften. Vielmehr erhielt die Regierung jetzt das Recht, die Bürger-
meister beliebig zu ernennen und ihnen auf Gemeindekosten ihren Gehalt anzuweisen.
Am nämlichen Tage beschloß der Reichstag auch, das Recht des Landesausschusses
der Reichslande zu beschränken, Reichsgesetze zu verändern, wenn sie als Landesgesetze
in Elsaß-Lothringen eingeführt wurden. Ein Erlaß des Statthalters vom Juni 1887
verordnete dann weiter den Gebrauch der deutschen Sprache auch für Anschläge
(Plakate) und Veröffentlichungen und schrieb vor, daß alle Gerichte sranzösischen
Sprachgebiets vom 1. Jannar 1888 ab sich bei allen Verhandlungen und Urteilen
nur der deutschen Sprache zu bedienen hätten, nicht minder die Gerichtsvollzieher bei
ihren Handlungen und Aussertigungen und vom 1. Jannar 1889 ab auch die Notare
bei ihren Verhandlungen und Beurkundungen.
Hand in Hand mit diesen gesetzgeberischen Werken ging die schneidige Unter-
drückung und Abwehr französischer Umtriebe. Schon vor den Reichstags-
wahlen, Mitte Febrnar 1887, waren in Mülhausen, Maasmünster und Straßburg
Haussuchungen vorgenommen und eine Anzahl Personen wegen Teilnahme an der