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„Herr v. Bülow, der Vertreter Dänemarks, ist einer der gescheutesten Köpfe
in der Versammlung, und ich bedaure, daß die Stellung des Staates, den er
vertritt, ihm nicht gestattet, erheblicheren Anteil an den laufenden Geschäften
zu nehmen. Die Haltung der österreichischen Politik entspricht natürlich den
Wünschen des Kabinets von Kopenhagen mehr als die unfrige, indessen beobachtet
Herr v. Bülow in allen nicht dänischen Fragen eine parteilose Zurückhaltung,
wie denn auch die meisten der zwischen Preußen und Oesterreich obwaltenden Streit-
fragen von einer Natur sind und aus einer Zeit stammen, daß Dänemark die
Beteiligung daran prinzipiell vermeidet, und die Abstimmungen des Herrn
v. Bülow gewöhnlich nur neben einer stereotyp gewordenen Verwahrung der
Rechte seines Allergnädigsten Herrn die Erklärung enthalten, daß er noch ohne
Instruktion sei. Die Verhandlungen sowohl am Bunde als in der Augustenburger
Angelegenheit haben mir Gelegenheit gegeben, Herrn v. Bülow als einen gewandten
und einsichtsvollen Geschäftsmann kennen zu lernen, dem sowohl im offiziellen
wie im Privatverkehr ein angemessenes und gefälliges Benehmen eigen ist.““)
1862 trat Bülow als Staatsminister an die Spitze der mecklenburgsstrelitzschen
Landesregierung und nahm an den Verhandlungen zur Begründung des Nord-
deutschen Bundes hervorragenden Anteil.
So viel ich feststellen konnte, hat Bismarck denselben zwischen 1859 und
1866 geschäftlich nur einmal (14. März 1864) in Berlin gesprochen, als er
Mitte März seinen Großherzog nach Berlin begleitete, inmitten der Verhand-
lungen zur Lösung der dänischen Frage.
1868 ging Bülow als Gesandter der beiden Großherzogtümer Mecklenburg
beim preußischen Hof und als Vertreter derselben im Bundesrat nach Berlin.)
In dieser Eigenschaft fiel ihm unter anderem die undankbare und schwere Aufgabe
gegangen, das, bis in den vierziger Jahren mit der Nationalitätenbewegung der Nationalitäten-
streit anhub, vom deutschen Adel regiert wurde und ähnlich wie früher Böhmen, Ungarn,
die russischen Ostseeprovinzen äußerlich ein deutsches Gepräge trug. Infolge der Heirat
desselben mit der Tochter des einer deutschen Familie entstammten, aber in dänischem Dienst
zu hohen Würden gelangten Grafen Baudissin blieb v. Bülow in Dänemark. Ein Groß-
onkel Bernhard v. Bülows von mütterlicher Seite war der 1835 verstorbene Graf Christian
Günther Bernstorff, welcher erst dänischer Gesandter in Berlin, dann preußischer Minister
des Auswärtigen war. Die in diesem Jahre (gleichfalls bei Mittler) erschienene Biographie
seiner Witwe: „Gräfin Elise von Bernstorff, geborene Gräfin Dernath“ enthält (Band I.
S. 101 ff.) mancherlei auch über den Vater des uns beschäftigenden Bernhard v. Bülow.
Der letztere studirte zu Berlin, Göttingen und Kiel die Rechte und trat 1839 als
Assessor bei der holsteinschen Regierung, dann als Legationsrat zu Kopenhagen in den
dänischen Staatsdienst. 1848 schied er aus demselben wieder aus, und ward 1851 zum
Gesandten für Holstein und Lauenburg beim Bundestag in Frankfurt ernannt.
*) Vergl. mein Werk: „Preußen im Bundestag“ Bd. I. S. 254 f.
**) Mancherlei Mitteilungen über die Thätigkeit Bülows als mecklenburgischer Ge-
sandter im Bundesrat bringt das Buch: „Friedrich Franz der Zweite, Großherzog von
Mecklenburg-Schwerin“ von Ludwig von Hirschfeld, Leipzig, Duncker und Humblot, 1891.