Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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Geheimer Legationsrat v. Liebes) 
(geboren 18. Dezember 1809, gestorben 10. April 1885). 
Ich sage nicht zu viel, wenn ich Liebe zu den feinsten Köpfen zähle, die 
im Bundesrat gesessen haben. Zu den ihm dort zufallenden Arbeiten befähigte 
*) Obgleich Friedrich August Liebe, der Sohn eines bei einem Handlungshause in 
Braunschweig angestellten Buchhalters, infolge des frühen Todes seines Vaters in sehr be- 
scheidenen Lebensverhältnissen aufwuchs, wurde er von der Mutter sorgsam erzogen, und 
seine bedeutenden geistigen Anlagen entwickelten sich sehr früh, so daß er bereits mit fünfzehn 
Jahren das Martineum in Braunschweig absolvirt hatte, worauf er das Collegium Carolineum 
besuchte und sodann die Universität Göttingen bezog, um, seiner Neigung folgend, Juris- 
prudenz zu studiren. Nach beendigten Studien und höchst ehrenvoll bestandenem Examen 
— am 7. September 1830 war er zum Doctor juris promovirt — ließ sich Liebe im 
Jahre 1831 als Advokat in Braunschweig nieder, und schon in dem folgenden Jahre wurde 
ihm auch das Notariat erteilt. Im März 1836 legte er auch das zweite Examen mit 
einem Zeugnis ersten Grades ab und trat am 1. August 1837 als Assessor beim herzog- 
lichen Kreisgerichte in Wolfenbüttel in den Staatsdienst. Am 28. Dezember 1841 erfolgte 
seine Berufung zum Geheimen Kanzleisekretär und am 1. Januar 1847 die Verleihung 
des Charakters als Hofrat unter Beibehaltung seiner bisherigen Funktionen. Am 30. April 
1848 zum Legationsrat ernannt, ging er als braunschweigischer Gesandter an den Bundestag 
nach Frankfurt, fungirte sodann in jener politisch bewegten Zeit als Bevollmächtigter seiner 
Regierung 1849 in Berlin bei dem „Dreikönigsbündnis'“ und vom März bis Mai 1850 
in Erfurt als Mitglied des Staatenhauses. Am 24. Juni 1855 erfolgte die Ernennung 
Liebes zum herzoglich braunschweigischen Geschäftsträger am Berliner Hofe, nachdem er 
bereits am 23. April desselben Jahres vom Herzoge in den erblichen Adelstand erhoben 
war, am 24. April 1857 wurde er zum Geheimen Legationsrat ernannt. An Stelle des 
verstorbenen Geheimen Rats v. Geyso wurde er durch die Ernennung am 4. Dezember 
1861 als Geheimrat in das herzogliche Staatsministerium berufen und übernahm die 
Leitung des Finanzdepartements, trat aber nach der Begründung des Norddeutschen Bundes 
am 28. Februar 1867 in Berlin seine Stellung als Ministerresident beim königlich preu- 
ßischen Hofe und Bevollmächtigter zum Bundesrate an, in welcher er sich durch seine her- 
vorragenden diplomatischen Fähigkeiten und seine große Pflichttreue sowohl des Vertrauens 
des Herzogs als des Kaisers und des preußischen Hofes im hohen Grade erfreute. Am 
24. April 1873 wurde er zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Prädikat Excellenz ernannt. 
Am 7. September 1880 war es ihm vergönnt, sein fünfzigjähriges Doktorjubiläum zu be- 
gehen, aus welchem Anlaß ihm die Göltinger Georgia-Augusta das Doktordiplom erneuerte. 
Zum Schlusse ist noch der schriftstellerischen Thätigkeit Liebes zu gedenken. Großes Aufsehen 
erregte 1840 sein Werk „Ueber die Stipulation“. Sodann erschien von ihm 1843 der 
Entwurf zu einer Wechselordnung für das Herzogtum Braunschweig samt Motiven, welcher 
als Grundlage der späteren allgemeinen deutschen Wechselordnung diente. Infolge dieser 
scharfsinnigen Arbeit wurde Liebe auch als Vertreter Braunschweigs zu der 1847 nach Leipzig 
einberufenen Konferenz entsandt, welche eine gemeinsame Wechselordnung zu beraten hatte. 
Nach dieser Konferenz veröffentlichte Liebe „Die allgemeine deutsche Wechselordnung 2c.“" 
im Jahre 1848. Seine Vaterstadt Braunschweig sah Liebe zum letztenmale, als das Land 
Herzog Wilhelm zur ewigen Ruhe bestattete. Trotz seines Alters erfreute er sich bis in 
die letzten Lebenstage voller geistiger Frische und verhältnismäßig großer körperlicher 
Rüstigkeit. Er starb abends elf Uhr plötzlich am Herzschlage, nachdem er noch den Tag über 
wie gewöhnlich gearbeitet hatte und bis zur letzten Stunde wohl und munter gewesen war.
	        
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