78 Drittes Kapitel: Erfurt, Olmütz, Dresden.
kungskreise in gutem patriotischen Glauben gefördert hatte.
Der General von Auerswald, der am 18. September 1848
bei Frankfurt ermordet wurde, wie man sagt, weil er für
Radowitz gehalten wurde, hatte sich zur Zeit des Ersten Ver-
einigten Landtags gerühmt, daß er als Oberst eines Kavallerie-
Regiments hunderte von Meilen zu Pferde zurückgelegt habe,
um oppositionelle Wahlen der Bauern zu fördern?).
Im November 1850 wurde ich gleichzeitig als Landwehr-
Offizier zu meinem Regimente und als Abgeordneter zu der
bevorstehenden Kammersession einberufen ). Auf dem Wege
über Berlin zu dem Marschquartier des Regiments meldete
ich mich bei dem Kriegsminister von Stockhausen ?), der mir
persönlich befreundet und für kleine persönliche Dienste dank-
1) General Friedrich von Gagern wurde am 20. April 1848 von
den Kugeln badischer Freischärler bei Kandern getödtet, als er von
einer erfolglosen Unterredung mit Hecker zu seiner Truppe zurückritt.
2) Nach einer Randbemerkung im Manuscripte beabsichtigte Fürst
Bismarck an dieser Stelle ein Erlebniß einzuschalten, dessen er wieder-
holt in seinen Tischgesprächen gedacht hat. Ich gebe die Erzählung,
wie sie mir im Gedächtniß haftet. Als Bismarck sich mit der Einbe-
rufungsordre in der Tasche auf dem Wege nach Berlin befand, stieg
ein pommerscher Schulze, des Namens Stranzke, zu ihm in den Post-
wagen. Das Gespräch lenkte sich selbstverständlich bald auf die politi-
schen Ereignisse. Als Stranzke von der Einberufungsordre hörte, fragte
er ganz naiv: „Wo steiht de Franzos?" und war sichtlich enttäuscht, als
ihm Herr v. Bismarck mittheilte, daß es diesmal nicht gegen die Fran-
zosen, sondern gegen die Oestreicher gehn werde. „Das sollte mir doch
leid thun, wenn wir auf die weißen Collets“ schießen sollten,“ meinte
er, „und nicht auf die Hundsfötter von Franzosen.“ So lebendig war in
ihm die Erinnerung an die Leidenszeit Preußens nach der Niederlage von
Jena und an die preußisch-östreichische Waffenbrüderschaft von 1813/14.
:) Vgl. Brief vom 16. Nov. 1850 an Frau v. Bismarck. Danach
traf Bismarck am 14. Nov. Abends 10 Uhr in Berlin, von Reinfeld
kommend, ein, und suchte noch in der Nacht Stockhausen auf, traf ihn
aber nicht. Vermuthlich fand die Unterredung am nächsten Tage statt.
Auch Manteuffel hatte schon am Abend des 14. Nov. Bismarck ersucht,
nicht nach Stendal zu reisen, „da die Kammermenschen hier nöthig ge-
braucht würden“.