100 Viertes Kapitel: Diplomat.
pfropfen ). Dieses scherzende Gespräch war von Platen nach
Hanover berichtet worden und dort zur Kenntniß des General-=
Steuerdirectors Klentze gekommen, der mit Manteuffel über
Zollsachen verhandelte und in mir den Junker im Sinne der
liberalen Bürokraten haßte. Er hatte nichts Eiligeres zu thun,
als entstellte Angaben aus Platen's Bericht an Manteuffel mit-
zutheilen in dem Sinne, als ob ich an dessen Sturze arbeitete.
Bei meiner Rückkehr von Wien nach Berlin (8. Juli) hatte ich
an Aeußerlichem die Wirkung dieser Einbläserei wahrzunehmen.
Sie bestand in einer Abkühlung meiner Beziehungen zu meinem
Chef, und ich wurde nicht mehr wie bis dahin gebeten, bei
ihm zu wohnen, wenn ich nach Berlin kam. Verdacht wurden
mir dabei auch meine freundschaftlichen Beziehungen zu dem
General von Gerlach.
Die Genesung des Grafen Arnim gestattete mir, meinem
Wiener Aufenthalte ein Ende zu machen, und vereitelte einst-
weilen die Absicht des Königs, mich zum Nachfolger Arnim's
zu ernennen. Aber auch wenn diese Genesung nicht eingetreten
wäre, würde ich den dortigen Posten nicht gern übernommen
haben, weil ich schon damals das Gefühl hatte, durch mein
Auftreten in Frankfurt persona ingrata in Wien geworden zu
sein. Ich hatte die Befürchtung, daß man dort fortfahren
würde, mich als gegnerisches Element zu behandeln, mir den
Dienst zu erschweren und mich am Berliner Hofe zu discredi-
tiren, was durch Hofcorrespondenz, wenn ich in Wien fungirte,
noch leichter gewesen wäre als über Frankfurt.
Aus spätrer Zeit sind mir Unterredungen erinnerlich, welche
ich auf langen Eisenbahnfahrten unter vier Augen mit dem
1) Vgl. den Brief Bismarck's an Manteuffel vom 23. Juli 1852 in
Preußen im Bundestage IV 99 f. — Die Rechtfertigung Platen's vom
13. August 1852 mit den Auszügen aus seinen amtlichen Berichten über
Bismarck's Mission s. im Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen
II 86 ff.