128 Fünftes Kapitel: Wochenblattspartei. Krimkrieg.
dieses in die ausländische, namentlich die englische Presse über-
gegangne Elaborat von Constantin Frantz geliefert war.
Während Goltz und seine Berliner Genossen ihre Sache mit
einem gewissen Geschick betrieben, von welchem der erwähnte
Artikel eine Probe ist, war Bunsen, Gesandter in London, so
unvorsichtig, im April 1854 1) dem Minister Manteuffel eine
lange Denkschrift einzusenden, welche die Herstellung Polens,
die Ausdehnung Oestreichs bis in die Krim, die Versetzung der
Ernestinischen Linie auf den sächsischen Königsthron und der-
gleichen mehr forderte und die Mitwirkung Preußens für dieses
Programm empfahl. Gleichzeitig ) hatte er nach Berlin ge-
meldet, die englische Regirung würde mit der Erwerbung der
Elbherzogthümer durch Preußen einverstanden sein, wenn letztres
sich den Westmächten anschließen wolle, und in London hatte
er zu verstehn gegeben, daß die preußische Regirung dazu unter
der bezeichneten Gegenleistung bereit sei ). Zu beiden Er-
klärungen war er nicht ermächtigt. Das war denn doch dem
Könige, als er dahinter kam, zu viel, so sehr er Bunsen liebte.
Er ließ ihn durch Manteuffel anweisen ), einen langen Urlaub
zu nehmen, der dann in den Ruhestand überging. In der von
der Familie herausgegebenen Biographie Bunsen's ist jene
Denkschrift, mit Weglassung der ärgsten Stellen, aber ohne
Andeutung von Lücken, abgedruckt und die amtliche Corre-
spondenz, die mit der Beurlaubung endigte, in einseitiger Fär-
bung wiedergegeben. Ein im Jahre 1882 in die Presse gelangter
Brief des Prinzen Albert an den Freiherrn von Stockmar, in
welchem „der Sturz Bunsen's“ aus einer russischen Intrige
erklärt und das Verhalten des Königs sehr abfällig beurtheilt
1) Bunsen ließ die Denkschrift am 1. März 1854 nach Berlin ab-
gehen.
2) Mit Depesche vom 4. März 1854.
:) Vgl. Sybel, Die Begründung des Deutschen Reichs II 181.
) Bald nach dem 5. März 1854.