136 Fünftes Kapitel: Wochenblattspartei. Krimkrieg.
und Deutschland sich im Voraus der Auffassung ihrer sie ver-
tretenden Schutzmacht Oestreich anschließen, dadurch gerecht-
fertigt, daß unser früher deßhalb begehrter Vorbehalt von
Baiern und Oestreich abgelehnt ist und wir uns dabei be-
ruhigt haben.
Diese ganze Berechnung zerreißen wir, wenn wir hier jetzt
ablehnen uns auszusprechen, bis unfrer Ansicht nach die Zeit
dazu gekommen sein wird. So lange wir diese Haltung an-
nehmen, bedarf man unser noch und wird um uns werben.
Man wird hier auch schwerlich den Versuch machen, uns zu
majorisiren; selbst Sachsen und Baiern stehn nur in der „Vor-
aussetzung“ unfres Einverständnisses zu dem dermaligen östreichi-
schen Entwurfe; sie haben sich daran gewöhnt, daß wir schließ-
lich nachlassen, und deßhalb erlauben sie sich solche Voraussetzungen.
Wenn wir aber den Muth unfrer Meinung haben, wird man
es auch der Mühe werth finden, bei Entscheidungen über deutsche
Politik die Erklärung Preußens abzuwarten. Wenn wir fest
auf Aufschub des Beschlusses verharren und das den deutschen
Höfen erklären, so steht uns noch heut eine gute Moajorität zur
Seite, selbst wenn, was nicht der Fall sein wird, Sachsen und
Baiern sich schon mit Kopf und Kragen an Buol verkauft hätten.
Wollen wir es darauf nicht ankommen lassen, so müssen
wir uns auch darauf gefaßt machen, daß Sardinien und die
Türkei in Paris selbständig über die Wahrung der deutschen
Interessen in den beiden vom Bunde angeeigneten Punkten
berathen, während wir durch Oestreich dabei vertreten werden.
Und wir werden nicht einmal die ersten in dem Schweife
Oestreichs sein, denn Graf Buol wird sich bei Erfüllung seines
präsumtiven Mandats für Deutschland noch eher bei Pfordten
und Beust Rath holen als bei Manteuffel, den er persönlich
haßt, und wenn er Sachsen und Baiern für sich hat, so wird
er auf Widerspruch Preußens nach dem Bundesbeschluß noch
weniger rechnen als vorher.