142 Sechstes Kapitel: Sanssouci und Coblenz.
und unverhehlter, ein Ergebniß der Solidarität, welche die
Uebereinstimmung der Anschauungen und die verwandtschaft-
lichen Familiensympathien naturgemäß hervorbrachten. Zwischen
der Königin und dem Minister von Manteuffel bestand keine
persönliche Sympathie, wie schon die Verschiedenheit der Tem-
peramente es mit sich brachte; gleichwohl ging die Einwirkung
Beider auf den König nicht selten und namentlich in kritischen
Momenten gleichmäßig in der Richtung des östreichischen
Interesses, doch von Seiten der Königin in entscheidenden
Augenblicken nur bis zu gewissen Grenzen, welche die eheliche
und fürstliche Empfindung im Interesse der Krone des Gemals
ihr zogen. Die Sorge für des Königs Ansehn trat namentlich
in kritischen Momenten hervor, wenn auch weniger in der Ge-
stalt einer Ermuthigung zum Handeln als in der einer weib-
lichen Scheu vor den Consequenzen der eignen Anschauungen und
daraus hervorgehender Enthaltsamkeit von fernerer Einwirkung.
In der Prinzessin entwickelte sich während der Coblenzer
Zeit noch eine Neigung, welche bei ihrer politischen Thätigkeit
mitwirkte und sich bis an ihr Lebensende erhielt.
Der für den norddeutschen und namentlich für den Ge-
dankenkreis einer kleinen Stadt in Mitten rein protestantischer
Bevölkerung fremdartige Katholicismus hatte etwas Anziehendes
für eine Fürstin, die überhaupt das Fremde mehr interessirte
als das Näherliegende, Alltägliche, Hausbackne. Ein katho-
lischer Bischof erschien vornehmer als ein General-Superinten-
dent. Ein gewisses Wohlwollen für die katholische Sache,
welches ihr schon früher eigen und z. B. in der Wahl ihrer
männlichen Umgebung und Dienerschaft erkennbar war, wurde
durch ihren Aufenthalt in Coblenz vollends entwickelt. Sie
gewöhnte sich daran, die localen Interessen des alten Krumm-
herzog Franz Karl von Oestreich, dem Vater des Kaisers Franz
Joseph, die andere, Maria, mit dem König Friedrich August II. von
Sachsen vermählt.