Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

164 Siebentes Kapitel: Unterwegs zwischen Frankfurt und Berlin. 
  
und eine parallele Ausdrucksform des königlichen Willens 
zu sehn. 
Ich war schon damals solchen Erwägungen nicht unzugäng- 
lich, hatte im Gegentheil dem Könige gegenüber, als er seinen 
Plan wiederholt mit mir besprach, lebhaft befürwortet, neben 
einer gewissen Anzahl erblicher Mitglieder den Hauptbestand 
des Herrnhauses aus Wahlcorporationen hervorgehn zu lassen, 
deren Unterlage die 12000 oder 13000 Rittergüter, vervoll- 
ständigt durch gleichwerthigen Grundbesitz, durch die Magistrate 
bedeutender Städte und die Höchstbesteuerten ohne Grundbesitz 
nach einem hohen Census abgeben sollten, und daß der nicht- 
erbliche Theil der Mitglieder ebenso wie die des Abgeordneten- 
hauses der Wahlperiode und der Auflösung unterliegen sollte. 
Der König wies diese Ansichten so weit und geringschätzig von 
sich, daß ich jede Hoffnung auf eingehende Erörterung derselben 
aufgeben mußte. Auf dem mir neuen Gebiete der Gesetz- 
gebung hatte ich damals nicht die Sicherheit des Glaubens an 
die Richtigkeit eigner Auffassungen, welche erforderlich gewesen 
wäre, um mich in den mir gleichfalls neuen unmittelbaren Be- 
ziehungen zu dem Könige und in den Rücksichten auf meine 
amtliche Stellung zum Festhalten an abweichenden eignen An- 
sichten in Verfassungsfragen zu ermuthigen. Um mich dazu 
unter Umständen berechtigt und verpflichtet zu fühlen, hätte ich 
einer längern Erfahrung in Staatsgeschäften bedurft, als ich 
damals besaß. Wenn es sich 20 Jahre später um die Bei- 
behaltung der Ersten Kammer oder Verwandlung derselben 
in das Herrnhaus gehandelt hätte, so würde ich aus der ersten 
Alternative eine Cabinetsfrage gemacht haben. 
4. 
Die Haltung, welche ich in der conservativen Fraction an- 
genommen hatte, griff störend in die Pläne ein, die der König 
mit mir hatte oder zu haben behauptete. Als er zu Anfang
	        
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