Gegenströmungen in der conservativen Partei. 165
des Jahres 1854 das Ziel, mich zum Minister zu machen,
directer in's Auge zu fassen begann, wurde seine Absicht nicht
nur von Manteuffel bekämpft, sondern auch von der Camarilla,
deren Hauptpersonen der General Gerlach und Niebuhr waren.
Diese, ebenso wie Manteuffel, waren nicht geneigt, den Einfluß
auf den König mit mir zu theilen, und glaubten sich mit mir
im täglichen Zusammenleben nicht so gut wie in der Ent-
fernung zu vertragen. Gerlach wurde in dieser Voraussetzung
bestärkt durch seinen Bruder, den Präsidenten, der die Ge-
wohnheit hatte, mich als einen Pilatus-Charakter zu bezeichnen
auf der Basis: Was ist Wahrheit? !) — also als einen unsichern
Fractionsgenossen. Dieses Urtheil über mich kam auch in den
Kämpfen innerhalb der conservativen Fraction und ihres in-
timern Comités mit Schärfe zum Ausdruck, als ich, auf Grund
meiner Stellung als Bundestagsgesandter und weil ich im
Besitz des Vortrags bei dem Könige über die deutschen Ange-
legenheiten sei, einen größern Einfluß auf die Haltung der
Fraction in der deutschen und der auswärtigen Politik ver-
langte, während der Präsident Gerlach und Stahl die absolute
Gesammtleitung nach allen Seiten hin in Anspruch nahmen.
Ich befand mich im Widerspruche mit Beiden, mehr aber mit
Gerlach als mit Stahl, und der Erstre erklärte schon damals,
vorauszusehn, daß unfre Wege sich trennen und wir als Gegner
enden würden. — In Uebereinstimmung habe ich mich in den
wechselnden Phasen der conservativen Fraction stets mit Below-
Hohendorf und Alvensleben-Erxleben befunden.
Im Winter 1853 zu 1854 ließ mich der König wiederholt
kommen und hielt mich oft lang fest; ich verfiel dadurch äußer-
lich in die Kategorie der Streber, die am Sturze Manteuffel's
arbeiteten, den Prinzen von Preußen gegen seinen Bruder
einzunehmen, für sich Stellen oder wenigstens Aufträge heraus-
1) S. v. S. 153 Anm. 3.