192 Achtes Kapitel: Besuch in Paris.
was daran zu Grunde gegangen; und nach Ihrer eignen An-
sicht sind die deutschen Mittelstaaten leider im Wiener Congreß
aus Halbheit und Eifersucht octroyirte und geschützte Producte
der Revolution und des ihr folgenden Bonapartismus, der
Materia peccans ), in Deutschland. Hätte man principienmäßig
in Wien Belgien an Oestreich und die fränkischen Fürsten-
thümer an Preußen zurückgegeben: Deutschland wäre in einer
andern Lage als jetzt, besonders wenn man gleichzeitig die
Mißgeburten Bayern, Würtemberg, Darmstadt auf ihre natür-
liche Größe zurückgeführt hätte; damals aber zog man Arron-
dirung u. s. w., lauter mechanische Interessen, dem Principe vor.
Sie haben sich aber gewiß bei meiner weitläufigen Deduc-
tion schon gelangweilt, ich will daher der neuesten Zeit ent-
gegengehen. Finden Sie es denn eine glückliche Lage der
Dinge, daß jetzt, wo Preußen und Oestreich sich seindlich ent-
gegenstehen, Bonaparte bis Dessau hin regirt und Nichts in
Deutschland geschieht, ohne bei ihm anzufragen? Kann uns
ein Bündniß mit Frankreich den Zustand der Dinge ersetzen,
welcher von 1815—1848 bestanden hat, wo sich keine fremde
Macht in die deutschen Angelegenheiten mischte? Daß Oestreich
und die deutschen Mittelstaaten nichts für uns thun werden,
davon bin ich wie Sie überzeugt. Ich glaube nur außerdem
noch, daß Frankreich, das heißt Bonaparte, auch nichts für
uns thun wird. Daß man unfreundlich und unhöflich gegen
ihn ist, billige ich so wenig als Sie; daß man Frankreich aus
den politischen Combinationen ausschließt, ist Wahnsinn. Dar-
aus folgt aber noch nicht, daß man Bonaparte's Ursprung
vergißt, ihn nach Berlin einladet und dadurch im In= und
Auslande alle Begriffe verwirrt. In der Neuschäteler Sache
hat er sich insofern gut benommen, daß er den Krieg verhindert
und offen gesagt hat, daß er nicht mehr thun würde. Ob es
1) Grundfehler (eigentlich des sündigenden Stoffs).