214 Achtes Kapitel: Besuch in Paris.
vée, da finden Sie tiefe Blicke des alten Napoleon in das
Wesen der Staaten, wie denn auch der jetzige Bonaparte mir
mit solchen Gedanken imponirt, z. B. mit der Feststellung der
Adelstitel, Restauration der Majorate, Erkenntniß der Gefahr
der Centralisation, Kampf gegen den Börsenschwindel, Wunsch
die alten Provinzen zu restauriren u. s. w. Das ändert aber
das Wesen seiner Herrschaft nicht, ebensowenig wie das
Wesen des Hauses Habsburg-Lothringen durch den libe-
ralen, ja revolutionären K. Joseph II. oder durch Frianz)
Joseph mit seinem hochadligen Schwarzenberg und Barrikaden-
helden Bach geändert wird. Naturam expellas furca, sie kommt
doch wieder 1). So kann sich kein Bonaparte von der Volks-
souveränität lossagen, und er thut es auch nicht. Napoleon 1.
gab seine Bestrebungen, den revolutionären Ursprung loszu-
werden, auf, wie das oben citirte Buch beweiset, z. B. als er
den duc d’Enghien erschießen ließ ); Napoleon III. wird es
auch thun und hat es schon gethan, z. B. bei den Neuenburger
Verhandlungen, wo ihm die beste, ihm unter andern Umständen
willkommne Gelegenheit gegeben war, die Schweiz zu restau-
riren. Er aber fürchtete sich vor Lord Palmerston und der
Englischen Presse, was Walewski ehrlich eingestanden, Ruß-
land fürchtete sich vor ihm, Oestreich vor ihm und vor Eng-
land, und so kam diese schändliche Transaction zu Stande. —
Wie merkwürdig: wir aber haben Augen und sehn nicht, haben
Ohren und hören nicht ), daß unmittelbar auf die Neuenburger
Verhandlungen die Belgische Geschichte folgt, der Sieg der
Liberalen über die Clericalen, die siegreiche Allianz der parla-
mentarischen Minorität und des Straßenaufruhrs über die
parlamentarische Majorität. Hier darf von Seiten der legi-
1) Treibe mit Knütteln hinaus die Natur (sie kehret doch wieder),
Citat aus Horaz, Epist. I 10, 24.
2) 20. März 1804.
5) Pfalm 115, 5; 135, 16.