Unterredung mit dem Prinzen. Usedom in Frankfurt und Florenz. 233
Usedomm ist ein brouillon ), kein Geschäftsmann. Seine Instruction
wird er von Berlin erhalten; wenn Graf Schlieffen Decernent
für deutsche Sachen bleibt, so werden die Instructionen gut sein;
an ihre gewissenhafte Ausführung glaube ich bei Usedom nicht.“
Gleichwohl wurde er nach Frankfurt ernannt. Daß ich ihm
mit meinem Urtheil nicht Unrecht gethan, bewies sein spätres
Verhalten in Turin und Florenz. Er posirte gerne als Stra-
tege, auch als „verfluchter Kerl“ und tief eingeweihter Ver-
schwörer, hatte Verkehr mit Garibaldi und Mazzini und that
sich etwas darauf zu Gute. In der Neigung zu unterirdischen
Verbindungen nahm er in Turin einen angeblichen Mazzinisten,
in der That östreichischen Spitzel, als Privatsekretär an, gab
ihm die Akten zu lesen und den Chiffre in die Hände. Er
war Wochen und Monate von seinem Posten abwesend, hinter-
ließ Blanquets, auf welche die Legationssekretäre Berichte
schrieben; so gelangten an das Auswärtige Amt Berichte mit
seiner Unterschrift über Unterredungen, die er mit den italie-
nischen Ministern gehabt haben sollte, ohne daß er diese Herrn
in der betreffenden Zeit gesehn hatte. Aber er war ein hoher
Freimaurer. Als ich im Februar 1869 die Abberufung eines
so unbrauchbaren und bedenklichen Beamten verlangte, stieß
ich bei dem Könige, der die Pflichten gegen die Brüder mit
einer fast religiösen Treue erfüllte, auf einen Widerstand, der
auch durch meine mehrtägige Enthaltung von amtlicher Thätig-
keit nicht zu überwinden war und mich zu der Absicht brachte,
meinen Abschied zu erbitten :). Indem ich jetzt nach mehr als
20 Jahren die betreffenden Papiere wieder lese, befällt mich eine
Reue darüber, daß ich damals, zwischen meine Ueberzeugung
von dem Staatsinteresse und meine persönliche Liebe zu dem
Könige gestellt, der ersteren gefolgt bin und folgen mußte.
Ich fühle mich heut beschämt von der Liebenswürdigkeit, mit
1) Wirrkopf.
2) Vgl. Bismarck-Jahrbuch 1 70 ff.