234 Neuntes Kapitel: Reisen. Regentschaft.
welcher der König meine amtliche Pedanterie ertrug. Ich hätte
ihm und seinem Maurerglauben den Dienst in Florenz opfern
sollen. Am 22. Februar schrieb mir S. M. ): „Ueberbringer
dieser Zeilen [Cabinetsrath Wehrmann] hat mir Mittheilung
von dem Auftrage gemacht, den Sie ihm für Sich gegeben
haben. Wie können Sie nur daran denken, daß ich auf Ihren
Gedanken eingehen könnte! Mein größtes Glück ist es
ja, mit Ihnen zu leben und immer fest einverstanden zu sein.
Wie können Sie Sich Hypochondrien darüber machen, daß
meine einzige Différenz Sie bis zum extremsten Schritt ver-
leitet! Noch aus Varzin schrieben Sie mir in der Différenz
wegen der Deckung des Déficits, daß Sie zwar andrer Meinung
wie ich seien, daß Sie aber bei Uebernahme Ihrer Stellung
es sich zur Pflicht gemacht hätten, (daß), wenn Sie pflichtmäßig
Ihre Ansichten geäußert, Sie Sich meinen Beschlüssen immer
fügen würden :2). Was hat denn diesmal Ihre so edel ausge-
sprochene Absicht von vor 3 Monaten so gänzlich verändert?
Es giebt nur eine einzige Différenz, ich wiederhohle es, die in
F. a. M.“). Die Usedomiana habe ich gestern noch ganz ein-
gehend nach Ihrem Wunsch besprochen schriftlich; die Haus-
Angelegenheit wird sich schlichten; in der Stellen Besetzung
waren wir einig, aber die Individuen wollen nicht! Wo ist
da also Grund zum Extrême?
1) Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen 1 189.
2) Im Original doppelt unterstrichen.
) Das geschah in einem noch nicht veröffentlichten Briefe, auf den
König Wilhelm am 2. November 1868 antwortete (Anhang zu den Ge-
danken und Erinnerungen 1 S. 183 f. Nr. 201).
“) Die Regirung hatte am 1. Februar 1869 im Landtage einen
Gesetzentwurf vorgelegt, betr. die Auseinandersetzung zwischen Staat
und Stadt Frankfurt, die auf einem Gutachten der Kronsyndici beruhte,
vom Ministerium berathen, vom Könige genehmigt worden war. Der
Frankfurter Magistrat erlangte, während die Verhandlungen über den
Entwurf noch schwebten, vom Könige die Zusage, daß der Stadt Frank-
furt zur vergleichsweisen Erledigung der von ihr erhobenen Ansprüche
2000 000 Gulden aus der Staatscasse überwiesen werden sollten. Der
Gesetzentwurf mußte entsprechend abgeändert werden.