Brief Bismarck's an Fürst Obolenski. Erkrankung an Rheumatismus. 267
5.
Neuling in dem Klima von Petersburg, ging ich im Juni
1859 nach anhaltendem Reiten in einer überheizten Reitbahn
ohne Pelz nach Hause, hielt mich auch noch unterwegs auf,
um exercirenden Rekruten zuzusehn. Am folgenden Tage hatte
ich Rheumatismus in allen Gliedern, mit dem ich längre Zeit
zu kämpfen hatte ). Als die Zeit herankam abzureisen, um
meine Frau nach Petersburg zu holen, war ich übrigens wieder
hergestellt, nur daß sich in dem linken Beine, das ich auf dem
ohne wichtige Gründe hätte verstreichen lassen, bevor ich auf den Brief
antwortete, mit dem Ew. Excellenz mich beehrt haben. Ich bin nach
meiner Rückkehr von einer schweren Krankheit befallen worden, einer
Art von Gicht, die mich durch heftige rheumatische Schmerzen seit fast
einem Monat an's Haus gefesselt hat, mit kleinen Unterbrechungen,
die durch die im Rückstand gebliebenen laufenden Geschäfte in Anspruch
genommen wurden. Noch heute bin ich außer Stande, zu laufen, be-
finde mich aber im ganzen besser, so daß ich einem Befehle meiner
Regirung zu gehorchen versuchen werde, die mich nach Berlin beruft.
Verzeihen Sie diese Einzelheiten, mein Fürst, aber sie sind nothwendig,
um mein Schweigen zu erklären.
Ich hatte gehofft, daß ich durch diese Verzögerung meiner Antwort
in den Stand gesetzt werden würde, ihr die Antwort beizufügen, die ich
von Berlin erwarte auf die Sendung an Se. Moajestät den König, mit
der Sie so gütig waren, mich zu beauftragen. Ich habe sie noch nicht
erhalten, aber ich kann nicht abreisen, mein Prinz, ohne Ihnen zu
sagen, wie angenehm berührt ich von der würdigen und zugleich liebens-
würdigen Art bin, in der Sie das Amt, welches Sie leiten, und die
Hauptstadt vertreten, die Sie bewohnen, indem Sie dem Fremden ein
vornehmes Beispiel der nationalen Gastlichkeit zeigen. Das herrliche
Werk, das Sie die Güte hatten, mir zu schenken, wird immer eine kost-
bare Zierde meiner Bibliothek bleiben und ein Gegenstand, an den sich
die Erinnerung an einen russischen Edelmann knüpft, der die Erleuch-
tung des Gelehrten so wohl mit den Eigenschaften zu vereinigen weiß,
die den grand-seigneur auszeichnen.
Genehmigen Sie 2c. 2c. v. Bismarck.
1) Siehe Bismarck's Brief an die Gattin vom 25. Juni 1850, S. 440 ff.,
Brief an Frau v. Arnim vom 29. Juni 1859, Bismarckbriefe, heraus-
gegeben von H. Kohl, 8. Aufl., S. 268 f.