290 Elftes Kapitel: Zwischenzustand.
hätten wir, Schleinitz eingerechnet, 3 auswärtige Minister, von
denen jeder Verantwortung gegenüber der eine sich stündlich
in's Hausministerium, der andre nach London zurückzuziehn
bereit ist. Mit Ihnen weiß ich mich einig, mit Jagow 9 glaube
ich es werden zu können, die Fachministerien würden mir nicht
Anstoß geben; über auswärtige Dinge aber habe ich ziemlich
bestimmte Ansichten; Bernstorff vielleicht auch, aber ich kenne
sie nicht und vermag mich in seine Methode und seine Formen
nicht einzuleben, ich habe auch kein Vertraun zu seinem rich-
tigen Augenmaß für die politischen Dinge, er also vermuthlich
zu dem meinigen auch nicht. So sehr lange kann die Unge-
wißheit übrigens nicht mehr dauern; ich warte bis nach dem 11.,
ob der König bei der Auffassung vom 26. v. M./ bleibt oder
sich anderweit versorgt. Geschieht bis dahin nichts, so schreibe
ich Sr. M. in der Voraussetzung, daß mein hiesiges Verhältniß
definitiv wird und ich meine häuslichen Einrichtungen danach
treffe, mindestens bis zum Winter oder länger hier zu bleiben.
Meine Sachen und Wagen sind noch in Petersburg, ich muß
sie irgendwo unterbringen; außerdem habe ich die Gewohn-
heiten eines achtbaren Familienvaters, zu denen gehört, daß
man irgendwo einen festen Wohnsitz hat, und der fehlt mir
eigentlich seit July v. J., wo mir Schleinitz zuerst sagte, daß
ich versetzt würde. Sie thun mir Unrecht, wenn Sie glauben,
daß ich mich sträube; ich habe im Gegentheil lebhafte Anwand-
lungen von dem Unternehmungsgeist jenes Thieres, welches auf
dem Eise tanzen geht, wenn ihm zu wohl wird.
Ich bin den Adreßdebatten einigermaßen gefolgt und habe
den Eindruck, daß sich die Regirung in der Commission, vielleicht
auch im Plenum, mehr hergegeben hat, als nützlich war. Was
liegt eigentlich an einer schlechten Adresse? Die Leute glauben
1) Minister des Innern.
*!) Tag der letzten Audienz auf Schloß Babelsberg vor der Abreise
nach Paris.