296 Elftes Kapitel: Zwischenzustand.
wiederhole ich heut mein Gesuch um 6 Wochen Urlaub ), was
ich mir wie folgt motivire. Einmal bin ich wirklich einer körper-
lichen Stärkung durch Berg= und Seeluft bedürftig; wenn ich
in die Galeere eintreten soll, so muß ich etwas Gesundbeits-
vorrath sammeln, und Paris ist mir bis jetzt schlecht bekommen
mit dem Hunde-Bummel-Leben als Gargon. Zweitens muß
der König Zeit haben, sich ruhig aus eigner Bewegung zu ent-
schließen, sonst macht Se. Majestät für die Folgen die verant-
wortlich, die ihn drängen. Drittens will Bernstorff jetzt nicht
abgehn, der König hat ihn wiederholt aufgefordert zu bleiben
und erklärt, daß er mit mir wegen des Auswärtigen garnicht
gesprochen habe; die Stellung als Minister ohne Portefeuille
finde ich aber nicht haltbar. Viertens kann mein Eintritt, der
jetzt zwecklos und beiläufig erscheinen würde, in einem spätern
Moment als eindrucksvolles Manöver verwerthet werden.
Ich denke mir, daß das Ministerium allen Streichungen im
Militäretat ruhig und deutlich opponirt, aber keine Krisis über
dieselben herbeiführt, sondern die Kammer das Budget voll-
ständig durchberathen läßt. Das wird, wie ich annehme, im
September geschehn sein. Dann geht das Budget, von dem
ich voraussetze, daß es für die Regirung nicht annehmbar ist,
an das Herrnhaus, falls man sicher ist, daß die verstümmelte
Budget-Vorlage dort abgelehnt wird. Dann, oder andernfalls
schon vor der Berathung im Herrnhause, könnte man es, mit
einer Königlichen Botschaft, welche mit sachlicher Motivirung
die Zustimmung der Krone zu einem derartigen Budgetgesetz
verweigert, an die Abgeordneten zurückgeben, mit der Aufforde-
rung zu neuer Berathung. Eine 30tätige Vertagung des Land-
tages würde vielleicht an diesem Punkte, oder schon früher,
einzuschalten sein. Je länger sich die Sache hinzieht, desto mehr
sinkt die Kammer in der öffentlichen Achtung, da sie den Fehler
1) Brief an Bernstorff vom 15. Juli, Bismarck-Jahrbuch VI 156 ff.