Dreizehntes Kapitel.
Dynastien und Stämme.
Niemals, auch in Frankfurt nicht, bin ich darüber in Zweifel
gewesen, daß der Schlüssel zur deutschen Politik bei den Fürsten
und Dynastien lag und nicht bei der Publicistik in Parlament
und Presse oder bei der Barrikade. Die Kundgebungen der
öffentlichen Meinung der Gebildeten in Parlament und Presse
konnten fördernd und aufhaltend auf die Entschließung der Dyna-
stien wirken, aber sie förderten zugleich das Widerstreben der
letztern vielleicht häufiger, als daß sie eine Pression in nationaler
Richtung ausgeübt hätten. Schwächere Dynastien suchten Schutz
in Anlehnung bei der nationalen Sache, Herrscher und Häuser,
die sich zum Widerstande fähiger fühlten, mißtrauten der Be-
wegung, weil mit der Förderung der deutschen Einheit eine
Verminderung der Unabhängigkeit zu Gunsten der Centralgewalt
oder der Volksvertretung in Aussicht stand. Die preußische
Dynastie konnte voraussehn, daß ihr die Hegemonie mit einer
Vermehrung von Ansehn und Macht im künftigen Deutschen
Reiche schließlich zufallen würde. Ihr kam die von den andern
Dynastien befürchtete capitis deminutio ½ voraussichtlich zu Gute,
so weit sie nicht durch ein nationales Parlament absorbirt wurde.
Seit im Frankfurter Bundestage die dualistische Auffassung
Oestreich-Preußen, unter deren Eindruck ich dorthin gekommen
war, dem Gefühl der Nothwendigkeit Platz gemacht hatte, unfre
Stellung gegen präsidiale Angriffe und Ueberlistungen zu wahren,
1) Machtverminderung.