Die neuen Minister: Bodelschwingh, Itzenplitz, Jagow. 341
äußerste Rechte unter uns Ministern bildete, in der Regel mit
seinem Votum die äußerste Linke einnahm.
Ebenso war der Handelsminister Graf Itzenplitz nicht im
Stande, das Steuer seines überladnen ministeriellen Fahrzeugs
selbständig zu führen, sondern trieb in der Strömung, welche
seine Untergebenen ihm herstellten. Wenn es vielleicht unmög-
lich war, für die mannichfaltigen Verzweigungen des damaligen
Handelsministeriums einen Chef zu finden, der in allen ihm
unterstellten Disciplinen zur Führung seiner Untergebenen be-
fähigt gewesen wäre, so stand der Graf Itzenplitz den von ihm
zu lösenden Ausgaben viel fremder gegenüber als z. B. von
der Heydt und verfiel ziemlich hülflos der in technischen Fragen
sachkundigen Leitung der Decernenten, namentlich Delbrück's.
Außerdem war er eine weiche Natur, ohne die zur Leitung eines
so großen Ressorts nöthige Energie; selbst den Unredlichkeiten
gegenüber, die damals einzelnen hervorragenden Mitarbeitern
des Handelsministeriums schuldgegeben wurden und die den per-
sönlich ehrliebenden Chef auf's Höchste beunruhigten, wurde ihm
das Einschreiten sehr schwer, weil die technische Leistung der ihm
selbst verdächtigen Beamten ihm unentbehrlich schien. Unter-
stützung meiner Politik hatte ich persönlich von den in Rede
stehenden beiden Collegen nicht zu erwarten, weder nach ihrem
Verständniß für dieselbe noch nach dem Maß von Wohlwollen,
welches sie für mich als jüngern und ursprünglich dem Geschäft
nicht angehörigen Präsidenten übrig hatten.
Als Minister des Innern fand ich Herrn von Jagow vor,
der durch die Lebhaftigkeit seines Tones, seinen Wortreichthum
und die rechthaberische Färbung seiner Discussion sich binnen
Kurzem die Abneigung seiner Collegen in dem Grade zuzog,
daß er durch den Grafen Friedrich Eulenburg ersetzt werden
mußte. Charakteristisch für ihn ist ein Erlebniß, das wir mit ihm
hatten, nachdem er ausgeschieden und in die Stelle des Ober-
präsidenten in Potsdam eingerückt war. In wichtigen Ange-