Schreiben des Königs an Frhrn. v. Vincke-Olbendorf. 347
nicht freundlich ist, bedarf keines Beweises. Daß aber auch Sie
in das Horn stoßen, daß ich nicht die Stimmung des bei Weitem
größten Theils des Volkes kenne, ist mir unbegreiflich, und Sie
müssen meine Antworten an die vielen Loyalitäts-Deputationen
nicht gelesen haben. Immer und immer habe ich es wiederholt,
daß mein Vertrauen zu meinem Volk unerschüttert sey, weil
ich wüßte, daß es mir vertraue; aber Diejenigen, welche
mir die Liebe und das Vertrauen desselben ranben wollten,
die verdamme ich, weil ihre Pläne nur ausführbar sind, wenn
dies Vertrauen erschüttert wird. Und daß zu diesem Zwecke
Jenen alle Wege recht sind, weiß die ganze Welt, denn
nur Lüge und Trug und Lug kann ihre Pläne zur Reife
bringen.
Sie sagen ferner: das Volk verlange die Ausführung des
§99 der Verfassung. Ich möchte wohl wissen, wie viele Men-
schen im Volke den § 99 kennen oder ihn je haben nennen
hören!!! Das ist aber einerlei und thut nichts zur Sache, da
für die Regierung der Paragraph existirt und befolgt
werden muß. Wer hat denn aber die Ausführung des Para-
graphen unmöglich gemacht? Habe ich nicht von der Winter-
zur Sommer-Session die Concession von 4 Millionen gemacht
und danach das Militair-Budget — leider! — mocdificirt? Habe
ich nicht mehrere andere Concessionen — leider! — gemacht,
um das Entgegenkommen der Regierung dem neuen Hause zu
beweisen? Und was ist die Folge gewesen?? Daß das Abge-
ordnetenhaus gethan hat, als hätte ich nichts gethan, um
entgegenzukommen, um nur immer mehr und neue Concessionen
zu erlangen, die zuletzt dahin führen sollten, daß die Regierung
ummöglich würde. Wer einen solchen Gebrauch von seinem
Rechte macht, d. h. das Budget so reducirt, daß Alles im Staate
aufhört, der gehört in's Tollhaus! Wo steht es in der Ver-
fassung, daß nur die Regierung Concessionen machen soll und
die Abgeordneten niemals??? Nachdem ich die meinigen in