368 Sechzehntes Kapitel: Danziger Episode.
Die Urheberschaft der Veröffentlichung glaubte ich auf der-
selben Seite suchen zu müssen, von woher nach meiner Ueber-
zeugung der Kronprinz zu seiner Haltung bestimmt worden war.
Wahrnehmungen während des französischen Krieges und neuer-
dings die Mittheilung aus Duncker's Papieren haben meine
damalige Auffassung bestätigt. Wenn eine ganze Schule von
politischen Schriftstellern ein Vierteljahrhundert lang das, was
sie die englische Verfassung nannten und wovon sie keine ein-
dringende Kenntniß besaßen, den festländischen Völkern als
Muster gepriesen und zur Nachahmung empfohlen hatten, so
war es erklärlich, daß die Kronprinzessin und ihre Mutter das
eigenthümliche Wesen des preußischen Staates, die Unmöglich-
keit verkannten, ihn durch wechselnde parlamentarische Gruppen
regiren zu lassen, war es erklärlich, daß aus diesem Irrthume
sich der andre erzeugte, es würden sich in dem Preußen des
19. Jahrhunderts die innern Kämpfe und Katastrophen Eng-
lands im 17. wiederholen, wenn nicht das System, durch welches
jene Kämpfe zum Abschluß kamen, bei uns eingeführt werde.
Ich habe nicht feststellen können, ob die mir damals zugegangne
Nachricht wahr ist, daß im April 1863 die Königin Augusta
durch den Präsidenten Ludolf Camphausen und die Kronprin-
zessin durch den Baron von Stockmar kritisirende Denkschriften
über die innern Zustände Preußens ausarbeiten ließen und zur
Kenntniß des Königs gebracht haben; daß aber die Königin,
zu deren Umgebung der Legationsrath Meyer gehörte, mit der
Besorgniß vor Stuartischen Katastrophen erfüllt war, wußte ich
und fand es schon 1862 ausgeprägt in der gedrückten Stimmung,
in der der König aus Baden von der Geburtstagsfeier seiner
Gemalin zurückkehrte ). Die im Kampfe mit dem Königthume
liegende, von Tag zu Tag auf den Sieg rechnende Fortschritts-
partei versäumte es nicht, in der Presse und durch die Personen
1) S. o. S. 323 f.