Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

Ausgang des Fürstentags. Oestreichs Verstündigung mit Preußen. 391 
  
nicht durch die Rivalität der beiden Großmächte gedeckt waren. 
Das Wiener Cabinet muß an die Möglichkeit geglaubt haben, 
daß die übrigen Bundesfürsten auf die dem Congreß am 
17. August gemachte Vorlage 1) auch dann eingehn würden, 
wenn sie in dem reformirten Bundesverhältniß schließlich mit 
Oestreich allein geblieben wären. Man würde sonst nicht den 
in Frankfurt verbliebenen Fürsten die Zumuthung gemacht 
haben, die östreichische Vorlage auch ohne Preußens Zustimmung 
anzunehmen und in die Praxis überzuführen. Die Mittelstaaten 
wollten aber in Frankfurt weder eine einseitig preußische noch 
eine einseitig östreichische Leitung, sondern für sich ein möglichst 
einflußreiches Schiedsamt im Sinne der Trias, welches jede 
der beiden Großmächte auf das Bewerben um die Stimmen 
der Mittelstaaten anwies. Die östreichische Zumuthung, auch 
ohne Preußen abzuschließen, wurde beantwortet durch den Hin- 
weis auf die Nothwendigkeit neuer Verhandlungen mit Preußen 
und die Kundgebung der eignen Neigung zu solchen. Die Form 
der Beantwortung der östreichischen Wünsche war nicht glatt 
genug, um in Wien keine Empfindlichkeit zu erregen. Die 
Wirkung auf den Grafen Rechberg, vorbereitet durch die guten 
Beziehungen, in denen unfre Frankfurter Collegenschaft abge- 
schlossen hatte, war, daß er sagte, der Weg nach Berlin sei 
für Oestreich nicht weiter und nicht schwieriger als für die 
Mittelstaaten. 
Die durch die Ablehnung erzeugte Verstimmung war nach 
meinen Eindrücken hauptsächlich der Antrieb, der das Wiener 
Cabinet zu einer Verständigung mit Preußen im Widerspruche 
mit der bundestägigen Auffassung leitete. Diese neue Richtung 
entsprach dem östreichischen Interesse, auch wenn sie länger bei- 
behalten worden wäre. Dazu wäre vor Allem erforderlich 
gewesen, daß Rechberg am Ruder blieb. Wäre damit 
1) Staats-Archiv von Aegidi und Klauhold Bd. VIII 63 ff. Nr. 1751.
	        
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