392 Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürstentag.
eine dualistische Führung des Deutschen Bundes hergestellt
worden, der sich die übrigen Staaten nicht versagt haben würden,
sobald sie die Ueberzeugung gewonnen hätten, daß die Ver-
ständigung der beiden Vormächte ehrlich und dauerhaft war,
so würden auch die Rheinbundgelüste einzelner süddeutschen
Minister, die am schärfsten, was auch Graf Beust in seinen
Denkwürdigkeiten sagen mag, in Darmstadt zum Ausdruck
kamen, dem östreichisch-preußischen Einverständniß gegenüber
verstummt sein.
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Wenige Monate nach dem Frankfurter Congreß starb der
König Friedrich VII. von Dänemark (15. November 1863).
Das Mißlingen des östreichischen Vorstoßes, die Weigerung der
übrigen Bundesstaaten, nach der preußischen Ablehnung mit
Oestreich allein in engre Beziehung zu treten, brachten den Ge-
danken einer dualistischen Politik der beiden deutschen Groß-
mächte, infolge der Eröffnung der schleswig-holsteinischen Frage
und Succession, in Wien der Erwägung nahe, und mit mehr
Aussicht auf Verwirklichung, als im December 1862 vorgelegen
hatte. Graf Rechberg machte in der Verstimmung über die
Weigerung der Bundesgenossen, sich ohne Mitwirkung Preußens
zu verpflichten, einfach Kehrt mit dem Bemerken, daß die Ver-
ständigung mit Preußen für Oestreich noch leichter sei als für
die Mittelstaaten ). Darin hatte er für den Augenblick Recht,
für die Dauer aber doch nur dann, wenn Oestreich bereit war,
Preußen als gleichberechtigt in Deutschland thatsächlich zu be-
handeln und Preußens Beistand in den europäischen Interessen,
die Oestreich in Italien und im Orient hatte, durch die Ge-
stattung freier Bewegung des preußischen Einflusses wenigstens
in Norddeutschland zu vergelten. Der Anfang der dualistischen
Politik gewährte ihr eine glänzende Bethätigung in den gemein-
1) Vgl. Beust, Aus drei Viertel-Jahrhunderten 1 336.