Contents: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

1234 Waldgenossenschasten. 
Regel den für die Gemeindewaldungen geltenden Bestimmungen und einer hierdurch 
bedingten ziemlich eingreifenden Staatsaufsicht. Namentlich aber sind ein merk- 
würdiges Beispiel solcher Waldgenossenschaften die in der Rheingegend bestehenden 
Haubergsgemeinschaften. Hier haben die Mißstände, welche die ins Werk gesetzte 
Naturaltheilung der Gemeindewaldungen mit sich brachte, schon im vorigen Jahr- 
hundert die Landesherrschaft dazu veranlaßt, die getheilten Waldstücke zu korporativem 
Eigenthum mit verhältnißmäßigen Antheilsberechtigungen der früheren Waldbesitzer 
zusammenzufassen und die genossenschaftliche Bewirthschaftung und Nutzung durch 
Statuten zu regeln, sowie obrigkeitlich zu beaufsichtigen. Zuerst geschah dies 
im Anfang des vorigen Jahrhunderts in dem Fürstenthume Siegen; ährliche 
Ordnungen wurden auch für die Waldungen der Kreise Dillenburg, Altenkirchen, 
Wittgenstein und des Amtes Olpe erlassen und durch neuere Gesetze revidirt. Die 
wesentlichen Grundzüge dieser Ordnungen bestehen darin, daß durch Beschluß der 
Verwaltungsbehörde aus den Besitzern, denen ein wirthschaftlich zusammengehöriges 
Waldgebiet in Parzellen gehört, eine Genossenschaft gebildet wird, manchmal, z. B. 
nach dem Waldkulturgesetz vom 1. Juni 1854 für den Kreis Wittgenstein, auf 
Grund eines Mehrheitsbeschlusses. Die neugebildete W. wird Eigenthümerin der 
seither im Einzel= oder Miteigenthum der Genossenschaftsmitglieder befindlichen Wald- 
stücke, und jeder Genosse erhält nach Verhältniß des Ertrags des ihm früher zu- 
stehenden Rechts einen auf seinen Namen lautenden, frei veräußerlichen dinglichen 
Antheil am Genossenschaftswald und an den Erträgnissen desselben, eine Holzaktie 
oder ein Waldrecht. Der genossenschaftliche Wald wird durch die statutenmäßigen 
Organe der Genossenschaft verwaltet und genützt; nach der Größe der Antheile werden 
die Nutzungen und die Betriebskosten auf die Genossenschaftsmitglieder vertheilt. 
Neben den Verwaltungsorganen besteht ein Vertretungsorgan in der Genossenschafts- 
versammlung, welche mit einer nach der Zahl und Größe der Holzaktien zu be- 
rechnenden Stimmenmehrheit über alle wichtigeren Gemeinschaftsangelegenheiten be- 
schließt. Die staatlichen Verwaltungsbehörden üben eine weitgreifende Aufsicht über 
die Thätigkeit der Genossenschaft und entscheiden Streitigkeiten zwischen ihren Or- 
ganen; die Auflösung der Genossenschaft und die Theilung des Waldeigenthums ist 
nur mit landesherrlicher Genehmigung zulässig. 
Von ähnlichen Ausgangspunkten, wie die Haubergsordnungen, ist die neue 
Preuß. Waldschutzgesetzgebung von 1875 zu einer sehr verschiedenen Organi- 
sation der W. gelangt. Auch sie sucht den in Folge der Waldparzellirung, der 
Ausforstung und Devastation entstandenen Mißständen durch Förderung genossen- 
schaftlicher Organisationen entgegenzutreten. Durch das Landeskulturedikt vom 14. 
Septbr. 1811 waren die Beschränkungen in der Bewirthschaftung und der Theilung 
der Privatwaldungen mit einem Schlage beseitigt worden; auch die Gemeinheits- 
theilungsordnung vom 7. Juni 1821 hatte die Waldtheilung noch in weitem 
Umfange zugelassen, indem sie überall dort statthaft sein sollte, wo entweder die 
einzelnen Antheile zur forstmäßigen Benutzung geeignet bleiben oder wo sie vortheil- 
haft als Aecker oder Wiesen benutzt werden können. Hierdurch ist in den alten 
Preuß. Provinzen zur dauernden Schädigung der an Erhaltung eines verhältniß- 
mäßigen Waldbestandes betheiligten Interessen die Parzellirung der Wälder und die 
Ueberführung absoluten Waldbodens in andere Kulturarten nachhaltig befördert 
worden. Auch abgesehen von diesen allgemeinen Nachtheilen stellte sich bald heraus, 
daß die in den parzellirten Waldstücken von jedem Besitzer gesondert betriebene 
Waldwirthschaft eine Minderung des nachhaltigen Ertrags zur Folge hat, daß das 
Nebeneinander einer größeren Anzahl von Waldbeständen verschiedener Altersklassen 
und getrennter Betriebsformen das Wachsthum des Waldes benachtheiligt. Diese 
Nachtheile der Waldparzellirung haben namentlich darin ihren Grund, daß dem 
kleinen Waldbesitzer in der Regel die zu einer forstmäßigen Wirthschaft erforderlichen 
technischen Kenntnisse und sonstigen Hülfsmittel, wie gutes Pflanzenmaterial und 
  
 
	        
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