418 Achtzehntes Kapitel: König Ludwig II. von Baiern.
haben mir die Ueberzeugung gewährt, daß ein Abschluß noch
nicht möglich ist; ich glaube aber vermeiden zu sollen, daß sie
gänzlich abreißen, und dasselbe scheint der Nuntius zu wünschen.
In Rom hält man uns offenbar für hülfsbedürftiger, als wir
sind, und überschätzt den Beistand, den man uns, bei dem besten
Willen, im Parlamente zu leisten vermag. Die Wahlen zum
Reichstage haben den Schwerpunkt des letztern weiter nach
rechts geschoben, als man annahm. Das Uebergewicht der
Liberalen ist vermindert, und zwar in höherm Maße, als die
Ziffern es erscheinen lassen. Ich war bei Beantragung der
Auflösung nicht im Zweifel, daß die Wähler regirungsfreund-
licher sind als die Abgeordneten, und die Folge davon ist ge-
wesen, daß viele Abgeordnete, welche ungeachtet ihrer opposi-
tionellen Haltung wiedergewählt wurden, dies nur durch Zu-
sagen zu Gunsten der Regirung erreichen konnten. Wenn sie
diese Zusagen nicht halten und eine neue Auflösung folgen
sollte, so werden sie nicht mehr Glauben bei den Wählern
finden und nicht wieder gewählt werden. Die Folge der ge-
lockerten Beziehungen zu den liberalen und centralistischen Ab-
geordneten wird, meines ehrfurchtsvollen Dafürhaltens, ein
festeres Zusammenhalten der verbündeten Regirungen unter
einander sein. Das Anwachsen der socialdemokratischen Ge-
fahr, die jährliche Vermehrung der bedrohlichen Räuberbande,
mit der wir gemeinsam unfre größern Städte bewohnen, die
Versagung der Unterstützung gegen diese Gefahr von seiten
der Mehrheit des Reichstags drängt schließlich den deutschen
Fürsten, ihren Regirungen und allen Anhängern der staat-
lichen Ordnung eine Solidarität der Nothwehr auf, welcher
die Demagogie der Redner und der Presse nicht gewachsen sein
wird, so lange die Regirungen einig und entschlossen bleiben,
wie sie es gegenwärtig sind. Der Zweck des Deutschen Reiches
ist der Rechtsschutz; die parlamentarische Thätigkeit ist bei Stif-
tung des bestehenden Bundes der Fürsten und Städte als ein