In den Straßen v. Berlin. In Magdeburg b. General Hedemann. 29
Sie mir Gewißheit schaffen, ob Wrangel und Hedemann mit-
gehn werden? wir können zur Insubordination nicht noch Zwist
in die Armee bringen.“ Ich versprach das zu ermitteln, selbst
nach Magdeburg zu gehn und einen Vertrauten nach Stettin zu
schicken, um die beiden kommandirenden Generale zu sondiren.
Von Stettin kam der Bescheid des Generals von Wrangel:
„Was Prittwitz thut, thue ich auch.“ Ich selbst war in Magde-
burg weniger glücklich. Ich gelangte zunächst nur an den Ad-
jutanten des Generals von Hedemann, einen jungen Major,
dem ich mich eröffnete und der mir seine Sympathie ausdrückte.
Nach kurzer Zeit aber kam er zu mir in den Gasthof und bat
mich, sofort abzureisen, um mir eine Unannehmlichkeit und dem
alten General eine Lächerlichkeit zu ersparen; derselbe beabsichtige,
mich als Hochverräther festnehmen zu lassen. Der damalige
Oberpräsident von Bonin, die höchste politische Autorität der
Provinz, hatte eine Proclamation erlassen des Inhalts: „In
Berlin ist eine Revolution ausgebrochen; ich werde eine Stellung
über den Parteien nehmen.“ Diese „Stütze des Thrones“ war
später Minister und Inhaber hoher und einflußreicher Aemter.
General Hedemann gehörte dem Humboldt'schen Kreise an y.
Nach Schönhausen zurückgekehrt, suchte ich den Bauern be-
greiflich zu machen, daß der bewaffnete Zug nach Berlin nicht
thunlich sei, gerieth aber dadurch in den Verdacht, in Berlin
von dem revolutionären Schwindel angesteckt zu sein. Ich
machte ihnen daher den Vorschlag, der angenommen wurde,
daß Deputirte aus Schönhausen und andern Dörfern mit mir
nach Potsdam reisen sollten, um selbst zu sehn und den General
von Prittwitz, vielleicht den Prinzen von Preußen zu sprechen.
Als wir am 25. den Bahnhof von Potsdam erreichten, war der
König eben dort eingetroffen und von einer großen Menschen-
menge in wohlwollender Stimmung empfangen worden. Ich
1) Er war Schwiegersohn Wilhelms v. Humboldt.