34 Zweites Kapitel: Das Jahr 1848.
oder nicht? Noch bin ich Minister, und ich habe es wohl aus-
wendig gelernt, was ich als solcher zu thun habe. Ich fordre
Sie auf, den Schloßplatz zu räumen.“
„Was,“ so schloß Prittwitz seine Mittheilung, „was hätte
ich darauf anders thun sollen als abmarschiren?"“ „Ich
würde“ antwortete ich, „es für das Zweckmäßigste gehalten
haben, einem Unteroffizier zu befehlen: „Nehmen Sie diesen
Civilisten in Verwahrung.“ Prittwitz erwiderte: „Wenn man
vom Rathhause kommt, ist man immer klüger. Sie urtheilen
als Politiker; ich handelte ausschließlich als Soldat auf Weisung
des auf eine unterschriebene allerhöchste Proclamation sich
stützenden dirigirenden Ministers.“ — Von andrer Seite habe
ich gehört, Prittwitz habe diese seine letzte im Freien statt-
findende Unterredung mit Bodelschwingh damit abgebrochen,
daß er blauroth vor Zorn den Degen in die Scheide gestoßen
und die Auffordrung gemurmelt habe, die Götz von Berlichingen
dem Reichscommissar durch das Fenster zuruft ). Dann habe
er sein Pferd links gedreht und sei durch die Schloßfreiheit
schweigend und im Schritt abgeritten. Durch einen vom Schlosse
gesendeten Offizier nach dem Verbleib der Truppen gefragt,
habe er bissig geantwortet: „Die sind mir durch die Finger
gegangen, wo Alle mitreden“. #)
Von Offizieren aus der nächsten Umgebung Sr. Mojestät
habe ich Folgendes gehört. Sie suchten den König auf, der
X) Das Schreiben des Pastors von Bodelschwingh vom 8. No-
vember 1891 (Kreuzzeitung vom 18. November 1891, Nr. 539) und die
Denkwürdigkeiten aus dem Leben Leopold's von Gerlach sind mir be-
kannt?).
1) Goethe, Götz v. Berlichingen Akt III Szene 17.
2) Daß in der That der Befehl zum Abzug der Truppen durch den
Minister v. Bodelschwingh gegeben worden ist, bezeugt der Brief des
Prinzen Wilhelm v. Preußen an seine Schwester Charlotte vom
28. März 1848, vgl. Berner, Reden, Briefe und Berichte Wilhelms des
Großen (Berlin, Mittler u. S. 1906) I, 173 ff.