Ein Zeitungsartikel: Gegensatz zwischen Stadt und Land. 39
nämlich die Bewohner der Städte, fangen an zu fühlen, daß
bei dem neuen Wahlmodus, nach welchem in fast allen Kreisen
die städtische Bevölkerung mit einer der Zahl nach sehr über-
wiegenden ländlichen zu concurriren haben wird, ihre Inter-
essen gegen die der großen Massen der Landbewohner werden
zurückstehn müssen. Wir leben in der Zeit der materiellen
Interessen, und nach Feststellung der neuen Verfassung, nach
Beruhigung der jetzigen Gährung, wird sich der Kampf der
Parteien darum drehn, ob die Staatslasten gleichmäßig nach
dem Vermögen getragen, oder ob sie überwiegend dem immer
steuerbereiten Grund und Boden aufsgelegt werden sollen, der
die bequemste und sicherste Erhebung gestattet und von dessen
Umfang nie etwas verheimlicht werden kann. Es ist natürlich,
daß die Städter dahin streben, den Steuererheber von der
Fabrikindustrie, von dem städtischen Häuserwerth, von dem
Rentier und Capitalisten so fern als möglich zu halten und ihn
lieber auf Acker und Wiesen und deren Producte anzuweisen.
Ein Anfang ist damit gemacht, daß in den bisher mahl-
steuerpflichtigen Städten die untersten Stufen von der neuen
directen Steuer frei bleiben, während sie auf dem Lande nach
wie vor Klassensteuer zahlen. Wir hören ferner von Maß-
regeln zur Unterstützung der Industrie auf Kosten der Staats-
kassen, aber wir hören nicht davon, daß man dem Landmanne
zu Hülfe kommen wolle, der wegen der kriegerischen Aussichten
auf der Seeseite seine Producte nicht verwerthen kann, aber
der durch Kündigung von Capitalien in dieser geldarmen Zeit
seinen Hof zu verkaufen genöthigt wird. Ebenso hören wir
mit Bezug auf indirecte Besteuerung mehr von dem Schutz-
zollsystem zu Gunsten inländischer Fabrication und Gewerbe
sprechen als von dem für die ackerbautreibende Bevölkerung
nöthigen freien Handel. Es ist wie gesagt natürlich, daß ein
Theil der städtischen Bevölkerung mit Rücksicht auf die beregten
Streitpunkte kein Mittel scheut, bei den bevorstehenden Wahlen