Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

Unterredung mit dem Könige in Sanssouci. 51 
  
Hingebung, nicht der Kritik.“ Die Güte, mit der er dies und 
Aehnliches sagte, überwältigte mich. Ich war gekommen in 
der Stimmung eines Frondeurs, dem es ganz recht sein würde, 
ungnädig weggeschickt zu werden, und ging, vollständig ent- 
waffnet und gewonnen. 
Auf meine Vorstellungen, daß er Herr im Lande sei und 
die Macht besitze, die bedrohte Ordnung überall herzustellen, 
sagte er, er müsse sich hüten, den Weg des formellen Rechtes 
zu verlassen; wenn er mit der Berliner Versammlung, dem 
Tagelöhnerparlamente, wie man sie damals in gewissen Kreisen 
nannte, brechen wolle, so müsse er dazu das formelle Recht auf 
seiner Seite haben, sonst stehe seine Sache auf schwachen Füßen 
und die ganze Monarchie laufe Gefahr, nicht blos von innern 
Bewegungen, sondern auch von außen her. Vielleicht hat er 
dabei an einen französischen Krieg unter Betheiligung deutscher 
Aufstände gedacht. Wahrscheinlicher aber ist mir, daß er grade 
mir die Besorgniß, seine deutschen Aussichten Preußens zu 
schädigen, in dem Moment, wo er meine Dienste gewinnen 
wollte, nicht aussprach. Ich erwiderte, daß das formale Recht 
und seine Grenzen in der vorliegenden Situation verwischt 
erschienen und von den Gegnern, sobald sie die Macht hätten, 
ebenso wenig respectirt werden würden wie am 18. Märzz, ich 
sähe die Situation mehr in dem Lichte von Krieg und Noth- 
wehr als von rechtlichen Argumentationen. Der König be- 
harrte jedoch dabei, daß seine Stellung zu schwach werde, wenn 
er von dem Rechtsboden abweiche, und der Eindruck ist mir 
geblieben, daß er dem von Radowitz bei ihm gepflegten Ge- 
dankengange, dem schwarz-roth-goldnen, wie man damals sagte, 
die Möglichkeit der Herstellung der Ordnung in Preußen zu- 
nächst unterordnete. 
Aus den zahlreichen Gesprächen, die auf jenes erste folgten, 
ist mir das Wort des Königs erinnerlich: „Ich will den Kampf 
gegen die Tendenzen der Nationalversammlung durchführen,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.