Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

1012 Kronprinz — 
drei nachgeborenen Söhne bestimmt war. Nach 
deren Absterben ohne männliche Nachhommen 
sollte das Fideikommiß an die Krone zurück- 
fallen. Das geschah mit dem Tode des Prin- 
zen August im Jahre 1843. Seitdem fließen 
die Erträgnisse des Hausfideikommisses dem 
Könige zu. 2. Das Königlich-Prinztliche 
Familienfideikommiß. Dasselbe, durch 
das Testament König Friedrich Wilhelms III. 
begründet, ist für die nachgeborenen Söhne 
des Stifters mit Ausschluß der jedesmaligen 
regierenden Linie bestimmt und besteht neben 
Geldkapitalien aus der Herrschaft Frauenburg 
in der Mark und den Herrschaften Flatow und 
Krojanke in Westpreußen. 3. Der Krontre- 
sor, ebenfalls durch Testament Friedrich Wil- 
helms III. begründet und aus Ersparnissen des 
letzteren entstanden, besteht aus Kapitalien, 
über welche der jeweilige König bis zu einem 
Betrage von 3 Mill. Tlrn. frei verfügen darf, 
während ein gleicher Betrag einen eisernen, 
nur im Falle der Not angreifbaren Fonds 
bilden soll. Die Zinsen fließen dem Könige 
zu. Diese drei Fideikommisse tragen einen rein 
privatrechtlichen Charakter an sich. Ihre Ver- 
waltung untersteht ebenso wie diejenige des 
Kronfideikommißzfonds dem Hausministerium, 
bzw. unter seiner Leitung der Hofkammer. 
Daß das sonstige Eigentum des Königs und 
der Mitglieder des Kgl. Hauses, ihre besonde- 
ren Erwerbungen und ihre Ersparnisse ledig- 
lich den Regeln des Privateigentums unter- 
liegen, ist bereits im ALR. II., 14 88 13, 14 
ausgesprochen. 
Kronprinz s. Thronfolge und auch König 
und Königliches Haus. 
Kronrat ist die Bezeichnung für die Sitzun- 
gen des StMl., bei welchem der König in Per- 
son den Vorsitz führt. 
Kronsyndici. Die Bestellung der K. erfolgt 
durch den König aus den gemäß § 3 der V. 
vom 12. Okt. 1854 (GS. 541) auf Lebenszeit 
berufenen Mitgliedern des Herrenhauses. Ihre 
Aufgabe wird im § 3 dahin angegeben, daß 
sie im jedesmaligen Auftrage des Königs wich- 
tige Rechtsfragen zu begutachten, ingleichen 
rechtliche Angelegenheiten des Hauses zu prüfen 
und zu erledigen haben. Zurzeit sind zehn 
K. vorhanden. 
Krontresor s. Kronfideikommiß. 
Kugelschrotmühlen (Kugelfräsmaschi- 
nen). Anlagen zur Herstellung von Gußstahl- 
Augeln mittels K. (Kugelfräsmaschinen) — eine 
Hilfsindustrie für die Fabrikation von Fahr- 
rädern — sind genehmigungspflichtige An- 
lagen (GewO. 8 10) RKBek. vom 9. Febr. 1898 
(Röl. 27). Zuständig für die Erteilung der 
Genehmigung ist der Kr A. (St A.), in den zu 
einem Landkreise gehörigen Städten über 
10 000 Einw. der Magistrat (Allerh B. vom 
23. März 1898 — G. 31). 
Kulturkampf s. Kirchenpolitische Ge- 
etze. 
s Herleusbeamte (Rabbiner, Schächter) sind 
die von den Synagogengemeinden (s. d.) zur 
Versehung des Gottesdienstes bzw. ritueller 
Verrichtungen angestellten Personen. Die- 
selben dürfen in ihr Amt nicht eher ein- 
gewiesen werden, als nicht der Regierungs- 
  
Kündigungsfristen bei Wohnungen. 
präsident (in Berlin der Polizeipräsident) er- 
klärt hat, daß gegen ihre Annahme nichts zu 
erinnern sei. Die Aufsichtsbehörde hat bei 
dieser Erklärung außer den Förmlichkeiten 
der Wahl nur darauf Rüchksicht zu nehmen, 
ob die gewählten K. unbescholtene Männer 
sind. Ob K. angestellt und wie dieselben ge- 
wählt werden sollen, ist in dem Statute einer 
jeden Synagogengemeinde zu bestimmen (G. 
über die Verhältnisse der Juden vom 23. Juli 
1847 — GS. 263 — § 52). Für die neuen 
Provinzen finden sich entsprechende Bestim- 
mungen in folgenden: Schleswig, G. vom 
8. Febr. 1854 (Chron. Samml. der V. S. 124); 
Holstein, G. vom 14. Juli 1863 (G.= u. MBl. 
für Holstein und Lauenburg 167). Außerdem 
für Schleswig und Holstein AE. vom 24. Juni 
1867 (GS. 1308); Hannover, G. vom 30. Sept. 
1842 (Hann GS. 212) und Bek. vom 19. Jan. 
1844 (Hann#S. 43); Kurhessen, V. vom 30. Dez. 
1823 (Kurh GSS. 87); Aassau, Instr. vom 7. Jan. 
1852 (VBl. 6); Frankfurt, Dekret vom 30. Jan. 
1812 (Franb#Vl. II. 9) und G. vom 21. März 
1899 (GS. 73). Wegen der ausländischen K. 
s. Juden am Schluß. 
Kündigungsfristen bei Wohnungen. I. Bei 
der Miiete, d. i. der vertragsmäßigen Gewäh- 
rung des Gebrauchs einer beweglichen oder 
unbeweglichen Sache gegen Entgelt, spielt die 
Beendigung des Milietverhältnisses durch ver- 
tragsmäßige, beim Mangel einer Vereinba- 
rung gesetzlich geregelte Kündigung eine große 
Rolle. Für die Miete von GErundstücken 
und für die von Wohnungen und anderen 
Räumen (Bö. 8§ 580) gelten nach dem BE. 
zum Teil besondere, von den sonstigen ab- 
weichende gesetzliche Kündigungsfristen. Es 
kommt darauf an, nach welchen Zeitabschnitten 
der Mietzins bemessen ist. Bei Bemessung 
nach Tagen ist wie bei der Miete von beweg- 
lichen Sachen am Tage vorher zu Rhündigen, 
bei der nach Wochen am ersten Werktage einer 
Woche für deren Schluß, bei der nach Mlonaten 
spätestens am 15. eines Monats für dessen 
Schluß, in anderen Fällen spätestens am 
dritten Werktage eines Kalendervierteljahres 
für den Schluß desselben (BEB. § 565 Abfs. 1 
u. 3). Die gesetzliche Ründigungsfrist tritt 
auch ein, wenn ein Mietvertrag auf mehr 
als ein Jahr nicht schriftlich abgefaßt ist, 
jedoch nicht für eine frühere Zeit als den 
Schluß des ersten Jahres, so daß der Ver- 
trag mindestens auf ein Jahr gilt (8 560), 
ferner bei einem länger als 30 Jahre, 
jedoch nicht für Lebenszeit des Vermieters 
oder des Mieters geschlossenen Mietvertrage 
nach 30 Jahren (§ 567). Bei einer die Ge- 
sundheit erheblich gefährdenden Beschaffen- 
heit der Wohnung oder des Raumes kann 
der Mieter das Miieetverhältnis ohne Ein- 
haltung einer Frist kündigen (§ 544). Mili- 
tärpersonen, Beamte — d. h. nur öffentliche 
Beamte, nicht auch Angestellte privater Unter- 
nehmungen —, Geistliche und Lehrer an öffent- 
lichen Unterrichtsanstalten können bei einer 
Versetzung — im weitesten Sinne insbeson- 
dere auch bei einer solchen auf vorherige Be- 
werbung (Reger, Entscheidungen, Erg Bd. 
3, 344) — nach einem anderen Orte ihre
	        
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