Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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Ather. Steuerfreie Verwendung von Brannt- 
wein zur Herstellung von A Steuer- 
freiheit des Branntweins Ua##2, d, e; 
Vergütung der Branntweinsteuer bei der Aus- 
fuhr gewisser A. s. a. a. O. III a 4. 
Atteste (Führungsatteste). A. sind Be- 
scheinigungen, welche von Behörden und Be- 
amten den darum Nachsuchenden zum Zwecke 
der Erlangung oder Wahrung von Rechten 
oder Vergünstigungen (öffentlich= oder privat- 
rechtlichen) über persönliche oder andere Ver- 
hältnisse betreffende Tatsachen ausgestellt wer- 
den. Die Verpflichtung zur Ausstellung von 
A. ist entweder im Gesetze ausdrücklich aus- 
gesprochen (für die Standesbeamten § 73 PSt. 
vom 6. Febr. 1875, hinsichtlich der Zeugnisse 
ur Erlangung des Armenrechts in Prozessen 
. 109 Z#P0. u. a. m.) oder sie ergibt sich 
indirekt aus gesetzlichen Vorschriften, welche 
die Geltendmachung von Ansprüchen oder 
Rechten von der Beibringung behäördlicher 
Bescheinigungen über bestimmte Tatsachen ab- 
hängig machen (Anstellungsgesuche insbesondere 
der Militäranwärter), oder sie beruht auf all- 
gemeinen Dienstvorschriften oder besonderem 
Erfordern der vorgesetzten Dienstbehörden. 
(Arztliche, insbesondere amtsärztliche A. über 
den Gesundheitszustand von Beamten oder 
von Bewerbern um amtliche Stellen, Gewäh- 
rung von Urlaub, Versetzung in den Ruhe- 
stand). Vgl. auch § 114 end. wegen obrig- 
keitlicher Beglaubigung der Arbeitszeugnisse 
gewerblicher Arbeiter, § 173 der Gesindeord- 
nung vom 8. Nov. 1810 wegen Ausfertigung 
des Abschiedes für Gesinde seitens der Polizei- 
behörden an Stelle und auf Kosten der säumigen 
Herrschaft u. a. 
Vor allem sind die polizeilichen Führungs- 
atteste zu nennen. Auch hier besteht k-eine 
ausdrüchkliche Gesetzesvorschrift, welche die Po- 
lizeibehörden allgemein verpflichtet, Führungs- 
atteste auszustellen, aber diese Verpflichtung 
wird auch da, wo besondere Vorschriften nicht 
bestehen, anzunehmen sein für alle diejenigen 
Fälle, in welchen das polizeiliche Führungs- 
attest als Grundlage oder Voraussetzung für 
die Erlangung eines Rechts oder einer Zu- 
wendung vorgeschrieben ist. In dem Führungs- 
attest hat die Polizeibehörde nicht ein Urteil 
üÜber die moralische Qualifikation der be- 
treffenden Person, auch nicht über ihre politi- 
schen Anschauungen u. dgl. abzugeben, sondern 
lediglich Tatsachen anzugeben, welche für die 
Beurteilung von Bedeutung sind. Aach den 
maßgebenden Bestimmungen sollen in Füh- 
rungsattesten lediglich die gerichtlichen Strafen 
aufgeführt werden, welche die Person, um die 
es sich handelt, erlitten hat. Aur wenn es 
sich um eine Anstellung im öffentlichen Dienste 
handelt, sollen auch andere Strafen und Ver- 
hältnisse Erwähnung finden. 
Aach dem Erl. vom 24. Juni 1859 (MBl. 179) 
blieb es dem billigen Ermessen der das A. 
erteilenden Behörde überlassen, ob sie im Hin- 
blick auf den Zweck des Führungsattestes und 
auf die Dauer der seit der Bestrafung ver- 
flossenen Zeit von Aufnahme einzelner Strafen 
abzusehen für gut fand. Dieser Standpunkt 
ist verlassen, nachdeim durch Erl. vom 23. April 
  
AUther — Auenrecht. 
1902 bestimmt worden ist, daß sämtliche, zur 
Kenntnis der Polizeibehörde gekommenen Be- 
strafungen (sedoch nur gerichtliche, Erl. vom 
26. Juli 1902) aufzunehmen sind, wenn nicht 
durch einen Allerh. Gnadenakt Strafen mit 
der Wirkung erlassen sind, daß der sie be- 
treffende Vermerk in den polizeilichen Listen 
zu löschen ist. Wo ein solcher Gnadenakt 
vorliegt, soll nach Erl. vom 18. Jan. 1902 in 
dem Führungsattest nicht gesagt werden, daß. 
die Strafe zufolge Allerh. Gnadenakts ge- 
löscht sei, weil dies dem Zwecke der Löschung 
im Interesse des Fortkommens der beteiligten 
Person zuwider sein würde, sondern das A. 
soll sich darauf beschränken, zu sagen, daß ein 
Strafvermerk in den Listen nicht vorhanden, 
oder daß die betreffende Person in den Listen 
als bestraft nicht verzeichnet ist. Die Aus- 
stellung von Führungsattesten an Reichsaus= 
länder ist nicht zulässig (Erl. vom 2. Juli 1902 
— MBl. 136). 
Nach TSt. 77 LStG. unterliegen im all—- 
gemeinen amtliche in Privatsachen innerhalb 
der Zuständigkeit der ausstellenden Behörde 
oder des ausstellenden Beamten erteilte Zeug- 
nisse einem Stempel von 1,50 M. Befreit 
sind jedoch Zeugnisse, auf Grund deren ein 
anderes amtliches Zeugnis oder ein Reise- 
legitimationspapier ausgestellt werden soll 
(sog. Borzeugnisse), ferner Zeugnisse aller 
Art, welche von Geistlichen in bezug auf Rirch- 
liche Handlungen erteilt werden; insbesondere 
Geburts-, Tauf-, Aufgebots-, Ehe-, Trau-, 
Toten= und Beerdigungsscheine; Zeugnisse, 
welche zum NAachweis der Berechtigung zum 
Genusse von Wohltaten, Stiftungen und an- 
deren Bezügen für hilfsbedürftige Personen 
dienen sollen oder wegen Zahlung von Warte- 
geldern, Pensionen, Unterstützungsgeldern, 
rankengeldern, Beerdigungskosten, Witwen- 
und Waisengeldern usw. als Rechnungsbelege 
bei öffentlichen oder privaten Kassen und 
Anstalten eingereicht werden müssen; ferner 
Führungszeugnisse, soweit sie nicht zur Er- 
langung von Approbationen, Konzessionen, Ge- 
nehmigungen (s. Genehmigungen, Stem- 
pelpflichh erforderlich sind, endlich auch Zeug- 
nisse über geleistete Arbeiten in Anstalten, die 
von unmittelbaren oder mittelbaren Staats- 
behörden betrieben werden. Abgesehen von den 
letzteren Fällen muß indessen der die Stempel- 
freiheit begründende Zweck aus der Bescheini- 
gungsurkunde hervorgehen; wird von dem S- 
nachträglich zu einem andern Zwecke Gebrauch 
gemacht, so muß der tarifmäßige Stempel nach- 
verwendet werden. S. auch Arbeitszeugnisse- 
Auenrecht. Als A. oder Straßengerechtig- 
keit wird im § 3 Nr. 14 des Reallastenablösungs- 
gesetzes vom 2. März 1850(6 S.77) die Befugnis 
des Gutsherrn bezeichnet, „über die nicht zu 
den Wegen nötigen freien Plätze innerhalb 
der Dorflage zu verfügen“. Die hier ange- 
ordnete Aufhebung dieses Rechts, „soweit es, aus 
der gutsherrlichen Polizei hergeleitet wird“, is 
später durch § 16 des Landgemeindeverfassungs. 
gesetzes vom 14. April 1856 (GS. 359) wieder 
beseitigt worden. Die dortige Bestimmung des 
Begriffs ist jedoch keine erschöpfende, da 
A. (Angerrecht) in den verschiedenen Provinzen
	        
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