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denn, daß der Grund erst später entstanden
oder der Partei bekannt geworden ist. Es ist
jedoch einmal eine grundsätzliche Abweichung
dahin getroffen, daß gegenüber dem Landrat
und dem Regierungspräsidenten aus der inner-
halb ihrer Zuständigkeit geübten amtlichen
Tätigkeit kein Grund zur A. wegen Besorg-
nis der Befangenheit entnommen werden darf.
Außerdem ist noch bestimmt, daß über das
stets in nicht öffentlicher Sitzung zu erledigende
Ablehnungsgesuch das Gericht, welchem der
Abgelehnte angehört, bei A. des Vorsitzenden
des Kreis= (Stadt-) oder Bezirksausschusses
das nächst höhere Gericht beschließt, daß der
Beschluß, durch welchen das Gesuch für be-
gründet erklärt wird, endgültig ist, wenn aber
das Gesuch für unbegründet erklärt wird, der
damit zurückgewiesenen Partei innerhalb zwei
Wochen die Beschwerde an das im Instanzen-
zuge zunächst höhere Gericht zusteht, welches
endgültig entscheidet, und daß das im In-
stanzenzuge zunächst vorgesetzte Gericht auch
dann endgültig entscheidet und dabei zugleich
das zuständige Gericht bestimmt, wenn das
Gericht, dem das abgelehnte Mitglied angehört,
bei dessen Ausscheiden beschlußunfähig wird.
Ein ganzes Gericht oder eine Abteilung des-
selben als solche Kann nicht abgelehnt werden
(OVSc. 39, 449), auch nicht auf dem Wege, daß
die A. äußerlich in der Form einer A. aller
einzelnen Mitglieder erfolgt. Die abgelehnten
Richter sind nicht verhindert, an der Beschluß-
fassung über ein gegen sie gerichtetes Ableh-
nungsgesuch teilzunehmen, wenn dieses nicht
ernstlich oder in gutem Glauben, sondern nur
gestellt ist, um die Käürigheit des Gerichts zu
lähmen oder doch die Sache zu verschleppen
(RosZ . 44, 402). S. auch Parteiinteresse.
II. A. der Wahl und Ernennung zum
Mitgliede oder stellvertretenden Mit-
glied der Voreinschätzungs-, der Ein-
kommensteuerveranlagungs. und
der Einkommensteuerberufungs--
kommission ist nur aus denselben Grün-
den wie die A. unbesoldeter Kreisämter
(KrO. 88 8, 25) zulässig; unbegründete A.
zieht, sofern es sich um die Voreinschätzungs-
kommission handelt, die Rechtsnachteile un-
begründeter A. von Gemeinde-, sofern es
sich um die Veranlagungskommission handelt,
diesenige unbegründeter A. von Kreisämtern
nach sich (Eink StSö. § 50 Abs. 2; Auzf-
Anw. zu dems. Gesetz Art. 40 Ziff. 6 und
Art. 46 Ziff. 4). Dasselbe gilt nach dem Wort-
laut des Eink St G. 8 50 Abs. 2 bezüglich der
Berufungskommission; praktisch ist aber eine
sinngemäße Anwendung der KrO. 8§ 8, 25 auf
diesen Fall ausgeschlossen, da der Provinzial-
ausschuß die Wahlen vollzieht und es nicht
angängig ist, wegen A. solcher Wahlen durch
die Gemeinde= oder Kreisvertretung Nachteile
in Ansehung der Rechte und Pflichten als
Gemeinde= oder Kreisangehöriger verhängen
tu lassen. Ubrigens würde dies auch im
iderspruch damit stehen, daß auch für die
unbegründete A. von Provinzialämtern Reine
BNachteile angedroht sind. ie Wahl zum
Mitgliede oder stellvertretenden Mitgliede der
Gewerbesteuerausschüsse darf ebenfalls nur aus
Ablieferungsscheine — Ablösung von gewerblichen Berechtigungen.
denselben Gründen abgelehnt werden; doch
treffen den diese Wahl ohne Grund Ablehnenden
keine Rechtsnachteile. Die Ernennung zum
Gewerbesteuerausschuß der Klasse 1 kann be-
liebig abgelehnt werden (Gew St G. 8§ 47 Abs. 3).
UI. Auch auf dem Gebiete der sozialpoli-
tischen Gesetzgebung ist überall da, wo
ein Zwang zur Ubernahme eines Ehrenamts
besteht, die Befugnis zur A. vorgesehen (s.
Ortskrankenkassen VI 1, Berufsge-
nossenschaften V 4, Versicherungsan-
stalten IV 4, Schiedsgerichte für Arbeiter-
versicherung III). Ferner können unter be-
stimmten Voraussetzungen Mitglieder der
Innungsvorstände, der Prüfungsausschüsse
und der Gesellenausschüsse sowie der Organe
zur Entscheidung der Lehrlingsstreitigkeiten
(Freie Innungen VI) ferner Mitglieder der
Handwerkskammern (s. d. IID, der Gewerbe-
gerichte (s. d. IV), der Kaufmannsgerichte (s. d.)
die Wahl ablehnen.
IV. A. von Kommunalämtern s. Ge—
meindeämter.
Ablieferungsscheine (bei Postsendungen) f.
Einlieferungsscheine.
Ablohnung s. Lohn.
Ablösung von gewerblichen Berechtigun-
gen. Unter A. im Sinne der GewO. wird
im Gegensatze zur Aufhebung die Beseitigung
eines Rechtes auf Antrag der Beteiligten
gegen Entgelt verstanden, doch ist in Preußen
auch für die Aufhebung der gewerblichen
Berechtigungen von jeher Entschädigung ge-
zahlt worden. Durch GewO. 87 sind nach
dem Vorgange der preuß. Gesetzgebung auf-
gehoben: alle ausschließlichen Gewerbeberech-
tigungen (s. d.), die mit diesen verbundenen
Zwangs= und Bannrechte (l. d.) mit Ausnahme
der Abdeckhereiberechtigungen, alle Zwangs-
und Bannrechte, deren Aufhebung ohne Ent-
schädigung zulässig war, der nicht auf einem
Vertrage beruhende Mahlzwang, Branntwein-
zwang und Brauzwang, sowie das den städti-
schen Bäckern oder Fleischern zustehende Becht,
die Einwohner einer Stadt oder der Bann-
meile zu zwingen, daß sie ihren Bedarf an
Gebäck oder Fleisch ausschließlich bei ihnen
entnehmen, das Recht Konzessionen (s. d.) zu
erteilen und dafür Abgaben zu erheben sowie
die Abgaben selbst. Für ablösbar erklärt
sind dagegen alle übrigen nicht aufgehobenen
Zwangs= und Bannrechte, sofern die Verpflich-
tung auf Grundbesitz haftet, die Mitglieder
einer Korporation als solche betrifft, oder
Bewohnern eines Ortes oder Distrikts ver-
möge ihres Wohnsitzes obliegt; das Recht,
den Inhaber einer Schankstätte zu zwingen,
daß er für seinen Wirtschaftsbedarf das Ge-
tränk aus einer bestimmten Fabrikationsstätte
entnehme (GewO. 8 8).
Streitigkeiten darüber, ob eine Berechtigung
zu den aufgehobenen oder für ablösbar er-
klärten gehört, werden im Rechtswege ent-
schieden, doch Können für die Entscheidung
über die rechtliche Aatur einer Abgabe andere
Behörden für zuständig erklärt werden (s. Ge-
werbeberechtigungen). Für das Verfahren
bei der A. sind die Bestimmungen des Ent-
schädigungsgesetzes vom 17. Jan. 1845 §§ 34 ff.